
Moderne Melioration im oberen Suhrental: ein Generationenprojekt nimmt Fahrt auf
Attelwil: Auch ohne Reitnau möglich
Obwohl die Melioration auch ohne Beteiligung des Ortsteils Reitnau durchgeführt werden könnte, werden nun mögliche Synergien abgeklärt.
Attelwil war eine der ersten Gemeinden, die Ja gesagt haben zur modernen Melioration im Suhrental. Mit 48 zu 5 Stimmen haben die Stimmberechtigten an der Gmeind vom 8. Juni 2018 dem Projekt zugestimmt. Anfang Jahr hat Attelwil mit Reitnau fusioniert. Jetzt macht sich die neue Gemeinde Reitnau an die Umsetzung der nächsten Schritte für den Ortsteil Attelwil. Klar ist: In Attelwil findet die Melioration statt, auch wenn der Ortsteil Reitnau dereinst auf eine Melioration verzichten würde. Reitnau hat den Entscheid für oder gegen eine Melioration noch nicht gefällt. Die Abstimmung wurde verschoben, weil der Grossratsbeschluss abgewartet wird und Fragen beim Hochwasserschutz noch offen sind. Zuständiger Gemeinderat für die Melioration in beiden Reitnauer Ortsteilen ist Peter Hochuli. «Momentan klären wir ab, ob es für Reitnau und Attelwil je eine eigene Ausführungskommission braucht oder ob wir eine gemeinsame Kommission bilden werden», sagt er. Je nach Ergebnis dieser Abklärung kann Attelwil die Ausführungskommission wählen – oder warten, bis auch Reitnau gegen Ende des Jahres so weit ist.
Bemerkenswert an der Melioration in Attelwil ist, dass im Gegensatz zu anderen an der Melioration im Suhrental beteiligten Gemeinden die Landwirte hinter dem Projekt stehen. Grund sind unter anderem die Drainagen, die mehr als 85 Jahre alt sind und eine Überholung dringend nötig haben, die Feldwege, die noch nicht auf heutige Landmaschinen ausgelegt sind und die kleinen, zerstückelten und ungünstig geformten Felder. Nur neun Prozent der Bewirtschaftungseinheiten, die im Meliorationsparameter liegen, sind grösser als eine Hektare. «Wenn man im Sommer von der Reitnauer Kirche aus zum Talboden blickt, zeigt sich das eindeutig: Auf Attelwiler Seite gibt es viele kleine unförmige Einheiten, auf Reitnauer Seite sind auch heute schon grössere, rechteckige Felder zu sehen», sagt Peter Hochuli.
Reitnau: Noch ist viel Skepsis da
Die Gemeinde hat noch nicht über die Teilnahme an der Melioration abgestimmt.
or zwei Wochen hat der Gemeinderat die Reitnauer Bauern zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. «Wir wollten Ängste nehmen, Unklarheiten beseitigen und eine gute Stimmung schaffen», sagt Peter Hochuli, der für die Melioration zuständige Gemeinderat. «Die Skepsis ist immer noch gross, vor allem gegenüber dem Hochwasserschutz und der Renaturierung der Suhre.» Dieses Projekt wird zwar wie die Melioration selbstständig durchgeführt, bei gleichzeitiger Durchführung mit der Melioration ergeben sich jedoch Kosteneinsparungen sowie zusätzliche Subventionen von Bund und Kanton.
Eingabe zu Richtplanänderung
Als einzige der vier an der Melioration beteiligten Gemeinden hat Reitnau noch keinen Entscheid gefällt. Er gehe davon aus, dass die Abstimmung für die nächste Winter-Gmeind traktandiert werde, sagt Hochuli. Der Entscheid des Grossen Rates zur Richtplanänderung, die momentan öffentlich aufliegt, soll abgewartet werden. Im Rahmen dieser Auflage will sich auch die Gemeinde Reitnau mit einer Eingabe beteiligen und erwirken, dass sich die Gemeinden unterhalb des Hochwasserstaudamms in Staffelbach stärker an den Kosten von Hochwasserprojekt und Suhre-Renaturierung beteiligen. «Im Moment müssten wir Landwirte im oberen Suhrental die Leistung erbringen, vom Hochwasserschutz profitieren aber vor allem die Gemeinden im unteren Suhrental», sagt Hochuli, der selber aktiver Landwirt ist. Ausserdem will Reitnau genauere Auskunft haben, wie sich die Renaturierung der Suhre auf die Wasserentnahme auswirkt. Der heisse Sommer 2018 habe gezeigt, wie wichtig Wasser sei und auch in Zukunft sein werde, sagt Hochuli. In einer renaturierten Suhre mit breiterem Bachbett befürchtet die Gemeinde – und mit ihr die Bauern – dass nicht mehr so viel Wasser entnommen werden kann wie heute.
Trotz aller Skepsis: Der Gemeinderat Reitnau unterstützt die Melioration. Schliesslich lässt sich durch Strassen-, Drainage- und Bachsanierungen im Rahmen des Projekts viel Geld sparen. Und: Der nötige Hochwasserschutz der Gemeinde könnte so auch bedeutend günstiger realisiert werden. Bis zur entscheidenden Abstimmung im Dezember wird sich der Gemeinderat daher bemühen, die Skepsis bei den Landwirten und in der Bevölkerung abzubauen.
Staffelbach: Grenzenlose Melioration
90 Prozent der Grundbesitzer haben der Melioration zugestimmt. Nun geht es an die Bildung der Ausführungskommission.
Anders als in Attelwil und Moosleerau hat in Staffelbach nicht die Gemeindeversammlung über die Melioration beschlossen, sondern die Grundeigentümerversammlung. «Wir haben uns überlegt, was für die Gemeinde am sinnvollsten ist und sind zur Überzeugung gelangt, dass nur die betroffenen Landbesitzer entscheiden sollen», sagt Gemeindeammann Max Hauri. Der Grund: Nur das südlich von Staffelbach gelegene Land wird in die Melioration einbezogen. Nördlich des Dorfes fand bereits mit dem Bau der Umfahrungsstrasse von Schöftland eine Melioration statt. «Bei den aktiven Bauern ist die Stimmung positiv. Die Grundbesitzer, die ihr Land verpachten, sind nicht ganz so positiv gestimmt», zieht Hauri Bilanz. Trotzdem: Rund 90 Prozent der Grundbesitzer haben der Melioration zugestimmt.
Personelle Überschneidungen
Als Nächstes wird nun eine Ausführungskommission bestimmt. Diese besteht aus einem externen Präsidenten, der Erfahrung mit Meliorationen mitbringt. Weiter sitzen in dieser Kommission ein Gemeinderatsvertreter, das Ingenieurbüro, das die Melioration durchführt, Eigentümervertreter und weitere Interessenvertreter wie beispielsweise Naturschutzvereine. Welche Personen in der Kommission sitzen werden, ist noch nicht bestimmt. Max Hauri würde sich aber wünschen, dass es zwischen den Ausführungskommissionen der vier an der Melioration beteiligten Gemeinden personelle Überschneidungen gibt: Das gleiche Ingenieurbüro beispielsweise. Oder ein Präsident, der mehrere Kommissionen präsidiert. «So könnte sichergestellt werden, dass die Melioration auch dorfübergreifend funktioniert.» Dies sei den Staffelbachern besonders wichtig. «Darum haben wir mit unserem Entscheid zur Melioration abgewartet, ob Attelwil mitmacht.»
Gemeinde bezahlt 730 000 Franken
Auch wenn in Staffelbach die Grundeigentümer die Zustimmung zur Melioration gegeben haben, die Gemeinde wird die Melioration rund 730 000 Franken kosten. Die Grundbesitzer beteiligen sich mit 1500 bis 2000 Franken pro Hektare – abhängig davon, wie viel sie von der Melioration profitieren (gleiches Prinzip wie in Attelwil und in Reitnau).
Mooslerau: Von der Melioration profitieren alle
Die Gemeinde setzt auf die Durchführung der Melioration. Im Rahmen dieses Projektes wird der Finanzhaushalt von Moosleerau dank Subventionen um 7,2 Millionen Franken entlastet.
Dass die Melioration in Moosleerau durchgeführt wird, dafür hat sich der Gemeinderat eingesetzt. Mit allen Mitteln hat er versucht, den Landwirten das Projekt schmackhaft zu machen, unter anderem mit einer Deckelung der Beiträge auf 600 Franken pro Hektare plus Realersatz für im Rahmen der Melioration verlorenes Land. Ein sehr ungewöhnliches Vorgehen. «Die Gemeinde spart 7,2 Millionen Franken, wenn wir die Melioration durchführen», sagt Gemeindeammann und Finanzchef Daniel Dätwyler. Ohne Melioration könne die Gemeinde die nötigen Arbeiten im Bereich Hochwasserschutz im Dorfkern, Drainage-Reparaturen im Moos und die Sanierung der Feldwege nicht stemmen. Trotz dieser Zückerchen blieben die Landwirte in Moosleerau skeptisch. An der Abstimmung vom 7. Juni 2018 stimmte rund ein Drittel der anwesenden Bürger gegen die Melioration. Gewisse Landwirte hätten Angst, dass ihnen mit der Melioration etwas «von Aarau» aufgedrückt werde, so Dätwyler. Dabei könne im Rahmen der Melioration jeder Bauer seine Wünsche äussern und sich aktiv bei jedem Planungsschritt einbringen. Ausserdem gab es in Moosleerau bereits in den 1940er-Jahren eine Melioration – der Handlungsbedarf ist deshalb noch nicht überall ersichtlich. «Dass die Drainagen im Moos bald 100 Jahre alt sind und nicht mehr richtig ziehen, ist eine Tatsache, der man Rechnung tragen muss», sagt Dätwyler.
Ausführungskommission bestellen
Der nächste Schritt ist nun die Gründung einer Genossenschaft der Landbesitzer sowie die Wahl der Ausführungskommission. Letztere solle klein und schlagkräftig sein, erklärt der für die Melioration zuständige Gemeinderat Christoph Fischer. Fünf Personen wird die Kommission umfassen: Einen Präsidenten, einen Gemeinderat, zwei Bauernvertreter und einen Vertreter des Naturschutzes. Das Präsidium wird ein auswärtiger Landwirt übernehmen, der Erfahrungen mit Meliorationen hat. «Wir haben bereits mit einem Kandidaten gesprochen. Er hat uns zugesichert, das Präsidium zu übernehmen», so Fischer. Bis im Frühsommer die ganze Kommission steht und gewählt werden kann, muss das Grundeigentümerverzeichnis erstellt werden. Dieses zeigt auf, wer alles mit wie viel Fläche an der Melioration beteiligt ist.