
«Moment der Entscheidung ist für den Aargau gekommen» – über 20’000 Jugendliche zurück ins Home-Schulzimmer
Seit Montag arbeitet von zu Hause, wer kann, und Läden sind schweizweit geschlossen. Weil die Mobilität und damit die Verbreitung des Coronavirus eingeschränkt werden soll, hat der Bundesrat letzte Woche diese Massnahmen beschlossen. Entsprechend sei es eine logische Konsequenz, dass auch die Schulen der Sekundarstufe II geschlossen würden, sagte Bildungsdirektor Alex Hürzeler am Mittwoch an einer online durchgeführten Medienkonferenz des Regierungsrats.
Schulen seien früh genug informiert
Rund 23’000 junge Erwachsene seien im Kanton täglich unterwegs, um den Unterricht an einem Gymnasium oder an einer Berufsschule zu besuchen. «Im Sinne der präventiven Massnahmen wechseln die Schulen der Sekundarstufe II für eine beschränkte Zeit in den Fernunterricht», so Hürzeler. Alle Schulen der Sekundarstufe II sind demnach ab kommendem Montag, 25. Januar, bis zum 26. Februar geschlossen.
Diese Massnahme ist laut dem Bildungsdirektor vertretbar. Einerseits seien die Schulen, anders als bei der Schliessung im Frühling, jetzt früh genug informiert und könnten sich vorbereiten. Zweitens verfügten die Schülerinnen und Schüler bereits über Erfahrungen mit Fernunterricht, auch weil immer wieder einmal eine ganze Klasse in Quarantäne sei und auch dann auf Lernen aus der Ferne umstellen müsse.
Ausnahmen, damit Lernziele und Lehrplan eingehalten werden
Allerdings werden die Schulen, anders als im Frühling, dieses Mal nicht ganz dichtmachen, der Kanton gibt Ausnahmen für Präsenzunterricht vor. Jedes Gymnasium und jede Berufsfachschule wird Schülern, Klassen oder Gruppen von Lernenden, die erhöhten Betreuungs- und Unterstützungsbedarf haben, weiterhin Präsenzunterricht anbieten. Das betrifft beispielsweise Integrationsvorlehren oder Attestklassen.
«Abschlussprüfungen sollen auf jeden Fall stattfinden können»
Auch sollen Prüfungen vor Ort absolviert werden können und Aufgaben erledigt werden, für die es die Infrastruktur der Schule braucht – etwa Laborarbeit. Weiter wird Schülerinnen und Schülern auf Gesuch hin für die Dauer des Fernunterrichts ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und schliesslich werden, für Berufsschüler, überbetriebliche Kurse in den entsprechenden Zentren weiterhin durchgeführt. «Auch mit diesen Ausnahmen wird die Mobilität markant eingeschränkt», sagte Alex Hürzeler. Sie seien aber wichtig, damit der Lehrplan eingehalten und der Lernerfolg sichergestellt werden könne – Abschlussprüfungen sollen also auf jeden Fall stattfinden können, so der Bildungsdirektor.
«Aus meiner Sicht ein kluger Entscheid»
Das garantiert auch Zsolt Balkanyi, Rektor an der Neuen Kantonsschule Aarau. «Für Promotionen brauchen diese neuen Massnahmen keine speziellen Anpassungen», sagt er auf Anfrage. Prüfungen durchzuführen, sei unter Einhaltung der Abstandsregeln möglich. Die Schliessung der Schulen der Sekundarstufe II sei sowohl von Lehrpersonen als auch von Schülerinnen und Eltern erwartet worden und werde akzeptiert. «Aus meiner Sicht ist das ein kluger Entscheid des Regierungsrats», sagt der Rektor.
Ausnahmen werden begrüsst
«Würden wir im Präsenzunterricht bleiben, hätte ich wohl negative Reaktionen.» Balkanyi begrüsst aber auch die vorgesehenen Ausnahmen. Die Neue Kantonsschule Aarau habe zwar auch während des Frühlingslockdowns Arbeitsplätze angeboten, das Echo sei damals klein gewesen. «Manche haben aber gemerkt, dass sie besser in der Schule arbeiten», so der Rektor. Es gebe auch in nachobligatorischen Schulen Schülerinnen und Schüler, die mit dem Fernunterricht nicht gut klarkämen. «Diese müssen wir jetzt abholen und ihnen ihre Möglichkeiten aufzeigen.»
Keine Zusammenarbeit mit anderen Kantonen
Primarschulen und die Sekundarstufe I bleiben derweil im Präsenzunterricht. Er stütze die Aussage der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), so Hürzeler, dass Fernunterrichts auf diesen Stufen ungünstig wäre und damit möglichst nicht verordnet werden solle. Anders als die EDK hält Hürzeler aber am Fernunterricht für die Sekundarstufe II fest. Noch vor einer Woche schloss der Bildungsdirektor einen Alleingang des Aargaus aus, eine überregionale Lösung blieb bisher aber aus. «Der Moment der Entscheidung ist für den Aargau jetzt gekommen. Die anderen Kantone entscheiden selber», so der Bildungsdirektor. Ob und wann sie nachziehen könnten, ist offen.