
Nach positiven Tests: Ab der 5. Klasse gilt wieder Maske auf in 27 Aargauer Schulen
Bis am 3. September tragen die Schülerinnen und Schüler von 27 Aargauer Schulen wieder Maske. Und zwar alle, von der 5. bis zur 9. Klasse, ebenso die Lehrpersonen, weiteres Personal der Schule, Besucherinnen und Handwerker. Der kantonsärztliche Dienst hat die entsprechenden Verfügungen am Wochenende erlassen.
In der letzten Woche zeigten 39 Mischproben von Schulen positive Resultate an. Dreissigmal höher war diese Quote als vor den Sommerferien. Der Kanton hat situativ, je nach den positiven Tests, über die Maskenpflicht entschieden.
Eine der betroffenen Schulen ist jene in Würenlingen. Hier gibt es aktuell 17 Fälle einer Covid-Ansteckung unter den Schülerinnen und Schülern. Die meisten gab es im Kindergarten, bis zur 9. Klasse sind aber alle Stufen betroffen. Zudem hat sich eine Lehrperson angesteckt. Co-Schulleiter Jürg Baur fasst die Situation als «beängstigend» zusammen.
Schule musste Coronatests selber organisieren

Jürg Baur, Schulleiter in Würenlingen und Grossrat (Die Mitte)
Das Tragen von Masken sei zwar für die Schülerinnen und Schüler kein grösseres Problem, dies sei lange Normalität gewesen und jetzt gut akzeptiert. Da die Schule die Masken zur Verfügung stellen muss, waren die Verantwortlichen gezwungen, weitere Exemplare übers Wochenende zu organisieren. Das sei mit Hilfe des Regionalen Führungsorgan (RFO) Baden zustande gekommen, sagt Jürg Baur.
Schlimmer sei, dass zudem für zwei Kindergartenklassen Quarantäne verordnet wurde. «Dass dies bereits nach zwei Schulwochen passiert, ist nicht ideal.» Förderlicher Fernunterricht für Kindergärtler sei schwierig.
Pannen bei Pool-Tests
Ebenfalls am Wochenende mussten sich Realschülerinnen und -Schüler nach einer positiven Pool-Test-Probe einzeln testen lassen. Weil der Kanton die Nachtests aufgrund vieler Anfragen nicht zur Verfügung stellen konnte, musste sich die Schule selber organisieren; eine Arztpraxis hat einen Teil der Testung spontan übernommen.
Würenlingen war kein Einzelfall, eine Panne beim Testen gab es auch an der Primarschule Bünzmatt in Wohlen. «Die Tests konnten nicht zugeordnet werden, weshalb eine Nachtestung in einem Testcenter nötig wurde», bestätigt das Gesundheitsdepartement (DGS) auf Anfrage. Bei insgesamt zehn Schulen habe man dieses Ersatzverfahren anwenden müssen.
Generelle Maskenpflicht nicht vom Tisch
Die Schule Würenlingen war bisher von Covid-Ansteckungen weitgehend verschont geblieben. Dass es jetzt, zwei Wochen nach den Sommerferien, gleich derart knüppeldick kommt, erfordere einiges an Flexibilität, sagt Jürg Baur. Er hätte es sich natürlich anders gewünscht, vorausschauender. Die repetitiven Tests standen den Schulen zum Schulstart zuerst nicht zur Verfügung. Jürg Baur sagt:
«Aufgrund des fehlenden Testmaterials hätte ich eine generelle Maskenpflicht als sinnvoll erachtet.»
Man habe es verpasst, am Schulanfang, als die Leute aus den Ferien zurückkehrten, die nötigen Massnahmen zu ergreifen, sagt auch Kathrin Scholl, Präsidentin des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (ALV). Ein Anstieg der Fallzahlen war befürchtet worden und jetzt habe sich das bestätigt.

Lehrerverbandspräsidentin Kathrin Scholl, ALV, Aargauischer Lehrerinnen- und Lehrerverband, Aarau, 19. August 2021.
Angesichts der Zahlen, die sich landesweit eher stabilisierten, sei fraglich, ob eine generelle Maskenpflicht an Schulen Sinn mache. «Sie situativ einzuführen, wo die Zahlen hoch sind, ist vermutlich angemessen», so Scholl. Unerlässlich sei es aber, die Situation genau im Auge zu behalten. «Die Pandemie macht, was sie will. Steigen die Fallzahlen wieder an, würde ich eine Maskenpflicht befürworten.» Vom Tisch ist diese auch für den Kanton nicht. «Je nach Entwicklung wird sich der Regierungsrat mit dieser Frage auseinandersetzen», heisst es vom DGS.
Nur die Hälfte der Schüler lässt sich testen
Für Jürg Baur liegt ein Teil der Lösung in den repetitiven Tests. «Man muss einzig in ein Röhrchen spucken», gibt er zu bedenken. Die Wirkung sei dafür gross, Ansteckungen könnten schnell eingedämmt werden. Nur machen von der Schule Würenlingen derzeit erst die Hälfte der Schülerinnen und Schüler überhaupt beim Testen mit. «Es ist für mich schwierig nachvollziehbar, dass es noch so viele Eltern gibt, die ihre Kinder nicht testen lassen wollen», so Baur. «Hier wünschen wir uns noch eine grössere Beteiligung als Beitrag für den gemeinsamen Schutz.»
Zumindest in dieser Woche könnte es noch beim Wunschdenken bleiben. Das Nachbestellen der Tests habe am Montag jedenfalls noch nicht geklappt. «Doch wie sollen wir mehr Tests machen, wenn es schon dort harzt?», fragt der Schulleiter.
Baur sitzt für Die Mitte im Grossen Rat. Auch in dieser Funktion wird er aktiv werden, für die heutige Parlamentssitzung ist eine Fraktionserklärung geplant. «Ich erwarte von unserer Regierung, dass sie Verantwortung übernimmt», sagt Baur.
Kritik an Impfungen an Schulen
In einer Mitteilung kritisiert das Aktionsbündnis Aargau-Zürich für eine vernünftige Corona-Politik, das sich aus Massnahmengegnern zusammensetzt, widersprüchliche Aussagen von Schulen, Bildungs- und Gesundheitsdepartement zum Impfen von Jugendlichen. Dies gelte insbesondere für die Frage, in welchen Fällen eine Zustimmung der Eltern nötig sei, kritisiert das Bündnis, das im Mai vergeblich die Bewilligung für Coronademos im Aargau beantragt hatte. «Während in den Schulen der Sekundarstufe I die Einwilligung der Eltern erforderlich ist, braucht es diese für die gleiche Altersklasse in den Kantonsspitälern nicht.»
Tatsächlich ist es so, dass Jugendliche ab 12 Jahren, sofern sie urteilsfähig sind, sich ohne Einverständnis der Eltern in einem Impfzentrum der Kantonsspitäler impfen lassen können. Für jüngere Kinder ist noch kein Impfstoff gegen Covid-19 zugelassen. Seit letzter Woche wird im Aargau an Berufs- und Kantonsschulen die Impfung angeboten. Auch hier brauchen die Impfwilligen kein Einverständnis der Eltern. Anders wird es sein, wenn die Impfkampagne im September auf die Sekundarstufe 1 ausgedehnt wird.
Will sich dort eine Schülerin oder ein Schüler impfen lassen, braucht sie oder er die Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Das gilt übrigens für alle Impfungen, die an der Volksschule am Anfang der Primar und am Ende der obligatorischen Schulzeit gemäss Impfplan des Bundes angeboten werden. In einigen Kantonen hat die Impfnachfrage in den letzten Tagen angezogen, niederschwellige Angebote waren gefragt. Im Aargau gibt es bisher keinen solchen Trend, wie die Impfzahlen der letzten Wochen zeigen.