
Nachbarschaftsstreit vor Bundesgericht: Aargauerin muss Gartensitzplatz mit Grill nach 30 Jahren abreissen
Seit 30 Jahren nutzt eine Frau aus dem Bezirk Brugg einen kleinen Garten, der auf einem Nachbargrundstück steht, als Erholungsraum mit Sitzplatz und Grill. Doch das hat nun ein Ende: Nach einem Rechtsstreit mit ihren Nachbarn, einem Ehepaar, hat das Bundesgericht entschieden: Angela (alle Namen geändert) darf in ihrem Garten nur noch Gemüse, Kräuter, Blumen und niedrige Sträucher anpflanzen. Den Sitzplatz samt Grill muss sie entfernen.
Die Liegenschaft von Angela grenzt unmittelbar an jene ihrer Nachbarn, den Friedlis. Auf deren Grundstück lastet die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit zugunsten von Angela, dank der sie ein Benützungsrecht für den Garten hat. Und diesen nutzt sie seit 1988. Nebst dem Sitzplatz und dem Grill befand sich dort zwischenzeitlich auch ein Sandkasten. Eine Holztreppe mit wenigen Stufen dient ihr als Zugang von ihrer Wohnliegenschaft her. Zum eigenen kleinen Grundstück gehört kein Garten.
Eine Warnung per Brief
An ihrer kleinen Idylle änderte sich auch nichts, als das Ehepaar das Nachbargrundstück im Oktober 2002 erwarb. Doch im März 2011, achteinhalb Jahre später, beanstandeten die Friedlis erstmals den Sitzplatz. Schriftlich hielten sie ausdrücklich fest, dass sie ihn solange dulden würden, als es nicht zu Nachtruhestörungen oder weiteren Beeinträchtigungen ihrer Privatsphäre komme. Genauere Details sind dem schriftlich publizierten Bundesgerichtsurteil nicht zu entnehmen. Der Brief lässt sich dennoch als unmissverständliche Warnung interpretieren.
Und dabei blieb es nicht – es kam zum Rechtsstreit. Im Oktober 2014 reichten Friedlis eine Klage ein und forderten die Räumung des Gartens. Im Dezember 2016, also über zwei Jahre später, wies die damalige Präsidentin des Bezirksgerichts Brugg ihr Begehren zwar ab. Das Aargauer Obergericht dagegen gab den Friedlis auf ihre Berufung hin im Mai 2017 recht.
Dagegen wehrte sich wiederum Angela und zog vor Bundesgericht. Sie hielt fest, dass die Gartenfläche seit 1988 stets mit den Mobilien und der Holztreppe als Zugang genutzt werde. Die Friedlis hätten diesen Zustand bereits beim Kauf im Oktober 2002 zur Kenntnis genommen. Sie hätten nicht gutgläubig auf das Grundbuch vertrauen dürfen. Stattdessen hätten damit hätten rechnen müssen, dass die Dienstbarkeit auch das Recht beinhalten würde, den Garten als Erholungsraum zu nutzen.
Streitpunkt Holztreppe
Angela macht weiter geltend, dass ihre Nachbarn die erweiterte Nutzung des Gartens auch nach dem Erwerb des Grundstücks jahrelang geduldet hätten. Mit dem Schreiben von 2011 hätten sie den Eindruck erweckt, nicht auf ihrem Recht zu beharren. Deshalb sei sie davon ausgegangen, dass die Friedlis auf ihr Recht verzichtet hätten. Das Aargauer Obergericht habe sich in keiner Weise mit diesem Schreiben und dem damit widersprüchlichen Verhalten der Gegenpartei auseinandergesetzt. Zudem habe es, indem es auch die Räumung der Holztreppe verfügte, den Friedlis sogar mehr zugesprochen, als diese ursprünglich verlangt hatten.
Das Bundesgericht folgt Angelas Argumentation allerdings nicht. Der Dienstbarkeitsvertrag von 1986 definiere das Benützungsrecht für die Gartenfläche mit der Anpflanzung von Gemüse, Kräutern, Blumen und niedrigen Sträuchern. Das Aufstellen von Mobilien sei darin nicht erwähnt. Für die Bundesrichter geht damit aus dem Wortlaut des Vertrags unmissverständlich hervor, dass die Benützung des Gartens auf die Anpflanzung von niedrigen Pflanzen beschränkt ist. Eine über die Gartenpflege hinausgehende Berechtigung zum Verweilen auf der Gartenfläche stehe mit dem Vertragstext nicht im Einklang. Und nur weil die Nachbarn den Gartensitzplatz jahrelang geduldet hätten, habe Angela nun weder ein Recht darauf respektive auf den Garten als Erholungsraum. Daran ändert auch das Schreiben von 2011 nichts. Das Obergericht habe es willkürfrei so interpretieren können, dass Angelas Nachbarn die Nutzung des Gartens als Erholungsraum weiterhin bloss auf Zusehen hin dulden würden.
Der Rechtsstreit kommt Angela teuer zu stehen. Allein für die Gerichtskosten über alle drei Instanzen und Entschädigungen für die Gegenpartei kommen über 10’000 Franken zusammen. Dazu kommen das Honorar für den eigenen Anwalt und die Räumungskosten. Mit dem Räumen hat Angela, wie sich die AZ vor Ort überzeugt hat, bereits begonnen.
Urteil: 5A_473/2017