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Obergericht erhöht Strafe für Ex-Finanzchef von Widen – er hat über 300’000 Franken aus der Gemeindekasse abgezweigt

Obergericht erhöht Strafe für Ex-Finanzchef von Widen – er hat über 300’000 Franken aus der Gemeindekasse abgezweigt

Der ehemalige Finanzverwalter muss 3,5 Jahre ins Gefängnis und kassiert eine bedingte Geldstrafe. Ausserdem muss er dem Kanton das Geld zurückzahlen. Das Aargauer Obergericht hält im Urteil fest, der 55-Jährige habe aus egoistischen Motiven gehandelt.

Noemi Lea Landolt

Schlappe vor Obergericht für Ex-Finanzchef: Aus drei Jahren teilbedingt machte das Obergericht 3,5 Jahre unbedingt.

Sandra Ardizzone

2017 hat die Gemeinde Widen ihren ehemaligen Finanzverwalter angezeigt. Fast 22 Jahre war er für die Gemeinde tätig. Nach dessen Abgang wurde zufällig den Beleg des ersten Delikts gefunden, der – wohl von ihm vergessen – noch im Personaldossier lag. Es folgten weitere Abklärungen und schliesslich die Anzeige.

Erstellt ist, dass der Ex-Finanzchef zwischen 2008 und 2015 insgesamt 309’748’65 Franken aus der Gemeindekasse abgezweigt hat. 42 Mal hat er Gemeindevermögen verschoben. Dazu hatte er Rechnungen verfälscht, Gutschriften und Stornoanzeigen verschwinden lassen, irrtümlich doppelt gestellte Rechnungen zu seinen Gunsten verwendet und Zahlungsaufträge abgeändert. Laut eigenen Aussagen hoffte der Ex-Finanzchef, so einen Ausweg aus der finanziellen Misere zu finden. Im ersten Fall hatte er sich mehr als 120’000 Franken Steuerguthaben überwiesen, welches eigentlich den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinde Widen zugestanden wäre.

Das Bezirksgericht Bremgarten hat den heute 55-Jährigen im Mai 2020 der mehrfachen Urkundenfälschung und des mehrfachen gewerbsmässigen betrügerschen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage schuldig gesprochen. Er wurde zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, ein Jahr davon unbedingt. Ausserdem muss er die rund 300’000 Franken dem Kanton zurückzahlen (Ersatzforderung).

Ex-Finanzchef verlangt mildere Strafe

Sowohl der Ex-Finanzchef als auch die Staatsanwaltschaft haben dieses Urteil nicht akzeptiert. Der Beschuldigte verlangte in mehreren Anklagepunkten einen Freispruch und entsprechend eine tiefere Freiheitsstrafe von zehn Monaten bedingt. Ausserdem sei die Ersatzforderung abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft hingegen verlangte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren.

Ende Oktober hat sich das Aargauer Obergericht mit dem Fall befasst. Mit ungünstigem Ausgang für den Beschuldigten, wie das schriftliche Urteil zeigt. Der ehemalige Finanzverwalter muss wegen mehrfacher qualifizierter Veruntreuung, mehrfacher Urkundenfälschung und mehrfacher Unterdrückung von Urkunden 3,5 Jahre ins Gefängnis. Unbedingt.

Es ging ihm einzig darum, sich persönlich zu bereichern

Im Urteil hält das Obergericht fest, das Verhalten des Beschuldigten habe jeglichen Bezug zu seiner Arbeitstätigkeit vermissen lassen, «da es ihm einzig darum ging, sich der Einwohnergemeinde Widen zustehende Vermögenswerte zwecks persönlicher Bereicherung anzueignen». Das erfülle den Straftatbestand der Veruntreuung.

In Bezug auf die mehrfache Urkundenfälschung findet das Obergericht ebenfalls deutliche Worte. Der ehemalige Finanzverwalter habe «aus egoistschen Motiven gehandelt». Er habe selbst ausgesagt, die Dokumente gefälscht oder verfälscht zu haben, um die Zahlungen gegenüber der Buchhaltung legitimieren zu können und die von ihm getätigten Vermögensverschiebungen zu verheimlichen.

Das Urteil des Obergerichts ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch an Bundesgericht weitergezogen werden.