
Ohne ihre Senioren fehlen der SVP über 340’000 Stimmen – so könnte ihre Liste aussehen

Ulrich Giezendanner, Luzi Stamm, Maximilian Reimann und Sylvia Flückiger haben für die SVP bei den letzten Nationalratswahlen im Herbst 2015 insgesamt 341’073 Stimmen geholt. Im kommenden Jahr stehen alle diese langjährigen Politiker nicht mehr auf der Wahlliste.
Der SVP Aargau fehlen damit alle bisherigen Vertreter auf den ersten vier Listenplätzen – und zugleich vier der fünf besten Stimmensammler. Giezendanner holte vor drei Jahren 99’456 Stimmen und erzielte damit klar das beste Resultat seiner Partei, Stamm belegte mit 82’656 Stimmen den dritten Rang, Reimann landete mit 80’557 Stimmen auf Platz 4, Flückiger kam auf 78’404 Stimmen und den fünften Rang.
Geheimnis um Kommission
Rolf Jäggi, Leiter der SVP-internen Findungskommission, ist trotzdem zuversichtlich, dass seine Partei eine ausgewogene und schlagkräftige Liste präsentieren und bei den Wahlen im Herbst 2019 ihre sieben Sitze verteidigen kann. Gleich zu Beginn des Wahljahres will die SVP an einem Parteitag ihre 16 Kandidaten nominieren – klar ist: Die Mitglieder der Findungskommission werden nicht auf der Liste stehen.
Jäggi sagt, grundsätzlich entspreche die Besetzung der Kommission der Geschäftsleitung der Kantonalpartei. Nicht dabei seien Personen, die selber mögliche Kandidaten sind. «Zur genauen Zusammensetzung und Grösse der Findungskommission äussere ich mich nicht, sonst könnten Rückschlüsse auf Kandidaturen gezogen werden», sagt Jäggi.
Möglich ist dies allerdings auch aufgrund der SVP-internen Kriterien für die Besetzung der 16 Listenplätze. Kommissionsleiter Jäggi sagt, die Rahmenbedingungen seien grundsätzlich dieselben wie 2015.
Ein Blick ins «SVP aktuell» von damals zeigt: Die Nationalratsliste soll so ausgerichtet sein, dass möglichst jeder Bezirk mit einer Kandidatur vertreten ist, Angehörige verschiedener Berufsgruppen, wie zum Beispiel die Landwirtschaft oder die KMU, sollen auf der Liste stehen, zudem ist eine ausgewogene Mischung von jungen und alten sowie männlichen und weiblichen Kandidaturen vorgesehen.
Wer nimmt nochmals Anlauf?
Dazu kommt, dass alle Kandidaten einen gewissen Bekanntheitsgrad aufweisen müssen, um Wahlchancen zu haben. Aufgrund dieser Kriterien hat die AZ eine virtuelle SVP-Liste für die Nationalratswahlen 2019 aufgestellt.
An der Spitze stehen die drei verbleibenden Bisherigen: Hansjörg Knecht, der vor drei Jahren auch Ständeratskandidat war und 89’392 Stimmen holte, Kantonalpräsident Thomas Burgherr, der 2015 mit 77’555 neu gewählt wurde, und Andreas Glarner, der mit 75’305 Stimmen den siebten SVP-Sitz holte.
Bei den Listenplätzen gilt bei der SVP folgende Regel: Zuerst kommen die Bisherigen, dann die Wiederkandidierenden, schliesslich die Neuen. Innerhalb dieser Kategorien werden die Kandidaten alphabetisch aufgeführt.
Deshalb stehen auf der virtuellen SVP-Liste der AZ hinter den drei Bisherigen vier Männer und zwei Frauen, die 2015 schon kandidierten, die Wahl aber verpassten: Parteisekretär Pascal Furer, Verkehrspolitiker Martin Keller, Finanzspezialist Clemens Hochreuter, Transportleiterin Stefanie Heimgartner, Bauernpräsident Alois Huber und Sportinstruktorin Nicole Müller-Boder.
Überangebot aus Zofingen
Bis zu Platz 9 ist das Ziel, eine möglichst breite Auswahl zu bieten, mit der AZ-Liste erreicht. Zusammen mit den neu Kandidierenden, von denen einige ihre Ambitionen bereits angemeldet haben, ergibt sich allerdings ein Problem: Der Bezirk Zofingen ist massiv übervertreten. So stehen mit Thomas Burgherr (Wiliberg), Martina Bircher (Aarburg) und Benjamin Giezendanner (Rothrist) gleich drei Vertreter aus Zofingen auf der Liste.
Zudem zeichnet sich ein möglicher Konflikt ab: Bircher wurde von der Findungskommission angefragt, Grossrat Christian Glur (Murgenthal), der Sohn von alt Nationalrat Walter Glur, bisher nicht.
Geht man streng nach geografischen Kriterien, stehen für den frei werdenden Zofinger Sitz von Ulrich Giezendanner drei bis vier valable Kandidaten bereit. Dazu könnte sich für die SVP eine weitere heikle Situation mit Karin Bertschi ergeben. Die populäre Recycling-Unternehmerin wohnt in Leimbach, hat aber mit ihrem Mann den Spatenstich für das gemeinsame Haus in Wettingen vollzogen.
Taktisch clever wäre es, Bertschi würde sich als Vertreterin des Bezirks Kulm nominieren lassen, denn im Bezirk Baden gibt es mit Martin Keller und Stefanie Heimgartner schon Konkurrenz. Und sie hat das Heu nicht auf der gleichen Bühne wie Fraktionschef Jean-Pierre Gallati, der auch auf der AZ-Liste figuriert.
Wer schafft es im Fricktal?
Weniger hart umkämpft scheint der frei werdende Sitz von Maximilian Reimann im Fricktal. Auf der AZ-Liste ist Roger Fricker, bekannter Postauto-Chauffeur und Gemeindeammann in Oberhof, aufgeführt. Fricker war vor drei Jahren schon Sprengkandidat, als eine kleine Gruppe am Nominationsparteitag erfolglos versuchte, ihn statt Reimann auf die Liste zu bringen.
Im unteren Fricktal scheint es wahrscheinlich, dass Anwältin Désirée Stutz (Möhlin) nominiert wird. Daniel Vulliamy (Rheinfelden), der zuletzt auf der Liste stand, würde 2019 als 63-Jähriger unter die Altersregelung seiner Partei fallen.