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Suter, Glarner, Binder & Co: Wer geht, wer noch bleiben will und wer besonders unter Erfolgsdruck ist 

Ende Oktober gab Gabriela Suter ihren Rücktritt als Präsidentin der kantonalen SP bekannt. Nach vier Jahren sei der richtige Zeitpunkt gekommen, sie wolle sich jetzt auf ihr Nationalratsmandat und ihre beruflichen Projekte konzentrieren. Die Delegierten wählen ihre Nachfolge am 9. April. Im Vordergrund steht ein Co-Präsidium mit Leuten aus der Kantonalpolitik.

Nationalrätin Gabriela Suter gibt das SP-Präsidium nächstes Jahr ab. Aufgenommen am 29.08.2021

Die Ausgangslage für Suters Nachfolger bzw. Nachfolgerinnen ist delikat: Die SP gewann zwar 2019 bei den Nationalratswahlen (dank der Listenverbindung mit den Grünen) wieder einen dritten Sitz, doch bei den Grossratswahlen 2020 mussten die Sozialdemokraten von allen Parteien am meisten Federn lassen. Und die Aussichten sind aufgrund der jüngsten Ergebnisse in anderen Kantone nicht rosig.

Suter ist nicht die einzige Aargauer Präsidentin, die als Nationalrätin ihre Partei quasi aus dem Bundeshaus führt. Auch Andreas Glarner (SVP) und Marianne Binder (Die Mitte) präsidieren ihre jeweilige Kantonalpartei, politisieren aber selber in Bern.

Glarner will trotz massiver Kritik weitermachen

Glarner sieht darin kein Problem. «Sozialisten sind offenbar weniger belastbar», meint er spitzzüngig zum Rücktritt von Suter.

Andreas Glarner, Nationalrat und Präsident SVP Aargau. Nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen will er an seinem Stil arbeiten. Fotografiert in seinem Büro in Oberwil-Lieli, am 29. Januar 2021.

Glarner übernahm das Amt im Januar 2020. Da war er bereits seit vier Jahren im Nationalrat. Damals, nach den Verlusten der SVP bei den nationalen Wahlen, sagte Glarner, die Partei sei ein Sanierungsfall. Den gelte es anzupacken. Das ist ihm bisher nicht gelungen. Bei den Grossratswahlen im Oktober 2020 kam die SVP mit 1, 6 Wählerprozenten weniger noch glimpflich davon. Bei den Kommunalwahlen diesen September aber erlitt die SVP mit 23 Sitzverlusten in den Gemeinderäten eine empfindliche Schlappe.

Für das schlechte Abschneiden wurde parteiintern auch Glarner und sein Stil verantwortlich gemacht. Die Kritik gab ihm zu denken, er müsse im Ton eine Stufe zurückfahren, wenns hilft, meinte er darauf. Für einen Rücktritt sieht er aber keinen Grund.

Binder bleibt sicher noch bis Ende 2023

Die aktuelle Mitte-Präsidentin Marianne Binder hat das Amt bei der vormaligen CVP im Januar 2016 übernommen. Wie Suter wurde sie zuerst Parteipräsidentin und erst später, 2019, Nationalrätin.

Marianne Binder-Keller, Präsidentin Die Mitte Aargau, will die Partei noch sicher in die Nationalratswahlen 2019 führen. Bild aufgenommen a 20. Oktober 2021 im Grosstratsgebäude Aarau.

«Wäre ich schon 2015 in den Nationalrat gewählt worden, hätte ich das Präsidium vermutlich nicht angestrebt», sagt Binder. Doch als Mitglied der Grossratsfraktion schien ihr das Amt die ideale Ergänzung, um zum Erfolg der Partei im Aargau beizutragen. Der Aufwand im Nationalrat, samt den Kommissionen, sei durchaus hoch. Jener im nationalen Parteipräsidium ebenfalls.

Trotzdem hat Marianne Binder keine Rücktrittsgelüste. «Ich bin Anfang 2020 für weitere vier Jahre gewählt worden und ich erfülle das Amt mit Freude», sagt sie. Damit wird Binder die Partei 2023 in die nächsten nationalen Wahlen führen. Ob sie das aber auch bei den kantonalen Wahlen ein Jahr später tut wird, lässt Marianne Binder offen. «Da gibt es vielleicht auch andere, die das Amt gerne ausüben», meint sie. Allerdings hat hier Die Mitte das gleiche Problem wie alle Parteien: Schlange stehen die Mitglieder für dieses aufwendige Amt nicht.

Die Resultate ihrer Partei sind stabil bis positiv. Bei den Nationalratswahlen holte sie einen zweiten Sitz, bei Grossratswahlen legte sie um 0,7 Prozent zu. Und bei den Kommunalwahlen verlor die im Januar mit der BDP zur «Mitte» fusionierten Partei zwar drei Sitze, hat aber immer noch deren 86.

Grünen-Präsident wollte aus Zeitgründen abgeben, bleibt jetzt doch

Im Gegensatz zu Suter, Binder und Glarner politisiert Grünen-Präsident Daniel Hölze im Kanton. Er ist seit 2013 Grossrat. Trotzdem machte er sich dieses Jahr Rücktrittsüberlegungen. Aus zeitlichen Gründen wollte er sein Präsidium eigentlich abgeben. Im Frühherbst hat er aber entschieden, noch sicher diese Legislatur als Präsident zu beenden. Nicht zuletzt, weil es auch den Grünen an Interessentinnen und Interessenten fehlt.

Daniel Hölzle, Präsident der Aargauer Grünen. (14. September 2021)

Die Partei profitiert von der seit Jahren anhaltenden grünen Welle, die politisch über die Schweiz fegt. Bei den Nationalratswahlen 2019 legten die Aargauer Grünen um 4,3 Prozent zu, für einen zweiten Sitz reichte es aber nicht ganz. Bei den Grossratswahlen 2020 legten die Grünen um 3 Prozent zu. Nur in den Gemeinden können sie bisher nicht viel ausrichten. Unverändert stellen sie zwölf Gemeinderätinnen und Gemeinderäte.

FDP ist in Gemeinden am stärksten

Seit diesem Jahr neu besetzt ist das Präsidium der FDP. Wie Vorgänger Lukas Pfisterer ist auch die Sabina Freiermuth als langjährige Grossrätin eine überzeugte Kantonalpolitikerin.

Ein erster Wahlerfolg konnte die FDP unter Freiermuth bereits verbuchen: Sie wurde mit den Kommunalwahlen vom September, neben der grossen Masse der Parteilosen, zur stärksten Kraft in den Gemeinden. Die Freisinnigen haben dort die SVP abgelöst. Vor den Wahlen stellten sie 133 Exekutivmitglieder, jetzt sind es 137.

Sabina Freiermuth, Parteipräsidentin FDP AG, FDP Parteitag, Beinwil am See, 21. Oktober 2021.

Interessant wird sein, wie sich die FDP Aargau in den nächsten Nationalratswahlen positioniert mit Thierry Burkart als neuen Präsidenten der FDP Schweiz. Der Freisinn will sich klarer positionieren, dabei aber keine Wähler an die GLP verlieren. Je nach nationalem Wahlausgang steht der zweite Bundesratssitz auf der Kippe.

Co-Präsidium aus Grossratsmitgliedern be der EVP

Kleinere Brötchen backt die EVP. Die beiden Grossräte Roland Frauchiger und Therese Dietiker leiten die Partei im Co-Präsidium seit 2017. Vorläufig bleibt alles beim alten. Dass das Co-Präsidium auch im Grossen Rat mit 6 EVP-Sitzen sitzt, sei ein Vorteil, so Dietiker.

In den Gemeinden spielt die Partei nur eine sehr kleine Rolle, bei den Grossratswahlen 2020 blieb sie stabil. Bei den Nationalratswahlen 2019 gewann die EVP, mit Hilfe der damaligen BDP, ihren Sitz zurück.

Therese Dietiker (2.v.l.) und Roland Frauchiger (rechts) präsidieren die Aargauer EVP. Fraktionspräsident im Grossen Rat ist Uriel Seibert (links). (19.9.2019)

GLP und EDU: Präsidien ohne Mandatsträger

Einzig bei der GLP und der EDU sind keine gewählten Parlamentarier an der Parteispitze. EDU-Präsident Roland Haldimann erzielte bei den Grossratswahlen 2020 zwar das beste EDU-Resultat in seinem Bezirk Aarau, für den Einzug in den Grossen Rat reichte es aber nicht. Dort ist die Partei mit zwei Sitzen in der SVP-Fraktion vertreten und stabil bei rund 1,6 Wählerprozenten.

EDU-Aargau-Präsident Roland Haldimann.

Auch Philippe Kühni von der GLP verpasste 2020 die Wahl in den Grossen Rat. Trotzdem haben die Grünliberalen ihren ehemaligen Wahlkampfleiter Anfang September zum Präsidenten gemacht. Sein Vorgänger Beat Hiller war ebenfalls nicht im Grossen Rat. Geschadet hat es der Partei nicht – die Grünliberalen haben 2020 knapp 4 Prozent Wähleranteil gut gemacht und waren damit die grossen Wahlgewinner. Auch bei den Nationalratswahlen ein Jahr zuvor gewann die GLP 3,3 Prozent. Bei den Kommunalwahlen im September, Kühnis ersten Wahlen als Präsident, gewannen die Grünliberalen ganze 6 Sitze und haben jetzt elf.

Philippe Kühni, Präsident der GLP Aargau.

Am 28. November nimmt Kühni einen neuen Anlauf, um in ein Parlament gewählt zu werden. Der neue GLP-Chef kandidiert für den Einwohnerrat Aarau.