Pro Natura Aargau wechselt die Seiten: «Das Projekt Windpark Lindenberg ist auf einem guten Weg»

Die Meinungen zum geplanten Windpark auf dem Lindenberg scheinen gemacht. Viele Akteure haben bereits entschieden, ob sie gegen oder für die Windräder stimmen. Und das, obwohl die Beinwiler Bevölkerung wohl frühestens 2023 zur Urne gebeten wird.

Daran können auch die Projektanten, die Windpark Lindenberg AG, nicht rütteln – oder doch? Bei Pro Natura Aargau scheinen sie Erfolg zu haben. Die Organisation, die manch einer wohl eher auf Seiten der Gegner vermutet hätte, äussert sich nun positiv zum Projekt.

Naturschutz stellt sich als Befürworter hinter das Projekt

Die Naturschutzorganisation hat sich in der Vergangenheit in Einzelfällen kritisch zu Windkraftanlagen geäussert, beispielsweise beim Projekt Burg im Fricktal. Auch gegenüber jenem im Freiamt war sie einst «beobachtend» eingestellt. Das hat sich geändert. Pro Natura Aargau äussert sich nun als Befürworterin des Projektes, wie sie dieser Zeitung mitteilt.

Auslöser dafür war der Bericht zum öffentlichen Mitwirkungsverfahren, das im Herbst 2020 stattgefunden hat. «Die Rückmeldungen, die wir erhalten haben, zeigen: Das Projekt ist auf einem guten Weg», sagt Matthias Betsche, Geschäftsführer von Pro Natura Aargau. Der Lindenberg könnte ein Beispiel dafür zu sein, dass Windenergie naturverträglich realisierbar sei. Das müsse man nützen: «Um die Klimaerwärmung zu stoppen, können wir nicht nur auf zukünftige Technologien hoffen, wir müssen erneuerbare Energien mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausbauen.»

Sie sind nicht gegen Windkraft, aber für den Schutz des Lindenbergs

Diese Ansicht teilt auch Heiri Knaus, Präsident der Gegnervereinigung Pro Lindenberg – ein Windpark auf dem Lindenberg sei aber die falsche Lösung. «Seit Jahrzehnten wird dieses Gebiet aufgepäppelt. Es jetzt für 20 Jahre vollsubventionierte Stromproduktion zu zerstören und die Vogel- und Fledermauspopulationen zu gefährden, ist es nicht wert», betont Knaus. Er ergänzt: «Dass Pro Natura das befürwortet, überrascht uns nicht. Es ist ein weiterer Verein, der sich nicht wirklich für dieses Projekt interessiert.»

Ziel der Vereinigung sei nicht per se, Windkraft zu verhindern. «Wir wollen den Lindenberg schützen und dafür mit den Leuten diskutieren, auch mit den Befürwortern», erklärt er. Die Vereinigung hat dazu am 4. September eine Begehung organisiert. «Vom Gemeinderat war niemand gewillt, mitzumachen», teilte Knaus mit. Gemeindeammann Albert Betschart begründet: «Der Gemeinderat hat keine offizielle Einladung erhalten, sonst hätten wir sicher darauf reagiert. Ich hatte nur einen Flyer in meinem privaten Briefkasten.»

Für die Vereinigung Pro Lindenberg ist klar: Sie wird ihren Weg weitergehen, wenn nötig, bis vor Bundesgericht. «Dass einzelne in Bern entscheiden, dass dieser Windpark von nationalem Interesse ist und nur die Beinwiler darüber abstimmen dürfen, ist eine demokratische Ungerechtigkeit», begründet Knaus.

Der Windpark Lindenberg würde auf dem Boden der Gemeinde Beinwil im Freiamt zu stehen kommen. Diese Visualisierung zeigt die geplanten Windräder aus der Sicht des Dorfes. Bild: zvg (07. Juni 2019)
Der Windpark Lindenberg würde auf dem Boden der Gemeinde Beinwil im Freiamt zu stehen kommen. Diese Visualisierung zeigt die geplanten Windräder aus der Sicht des Dorfes. Bild: zvg (07. Juni 2019)

 

«Das Klima und die Biodiversität sitzen im gleichen Boot»

Dass der Aufbau von Windkraftanlagen Auswirkungen auf die Umwelt haben könne, ist sich Pro Natura bewusst. «Aber Klima und Biodiversität lassen sich nur zusammen schützen», so Betsche. Es brauche eine Interessenabwägung im Einzelfall.

Verglichen mit dem Projekt im Fricktal sei jenes im Freiamt besser vertretbar. Beim Windpark Burg wäre die grosse Hufeisennase, eine vom Aussterben bedrohte Fledermausart, stark gefährdet. Eine solche Gefahr bestehe auf dem Lindenberg weniger. Die restlichen Auswirkungen auf die Natur müsse man mit Ausgleichsmassnahmen wie der Aufwertung neuer Lebensräume kompensieren.

Aktuell befinden sich noch einzelne Eingaben aus der öffentlichen Mitwirkung des Projektes bei den Verantwortlichen in Aarau. «Über Punkte wie den Schutz des Ortsbildes muss der Kanton entscheiden», erklärt Gemeindeammann Betschart.