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«Wir wären zuerst die Leidtragenden»: Wie sich das Tiefenlager Bözberg auf den Jurapark Aargau und lokale Weinbauern auswirken könnte

Thomas Vetter (Mitte) präsentiert den Jurapark Aargau vor etwa 20 Besucherinnen und Besuchern.

Rund 20 Besucherinnen und Besucher versammelten sich am Donnerstag beim Weinbau Hartmann in Remigen. Nach einer kurzen Begrüssung übergab Kurt Wyss, Präsident der Regionalgruppe AG/SO des Forum Vera (Verantwortung für die Entsorgung radioaktiver Abfälle), direkt an den ersten Referenten. Jurapark-Präsident Thomas Vetter stellte einleitend die Tätigkeiten des Vereins und die zukünftigen Erweiterungen des Regionalen Naturparks ab 2022 vor:

«Wir werden in die zweite Betriebsphase mit 32 Gemeinden steigen. Dann wohnen statt 42’000 neu 55’000 Personen im Parkgebiet – und das sind glückliche Menschen.»

Anschliessend kam Vetter auf das Hauptthema des Abends zu sprechen. Der Jurapark-Präsident erklärte, dass gemäss Bund keine absolute Unvereinbarkeit zwischen Regionalen Naturpärken und geologischem Tiefenlager für radioaktive Abfälle besteht.

Remigen ist ab 2022 Teil des Juraparks Aargau.

Dagegen positioniert sich der Vorstand des Jurapark Aargau klar: Der Standort Jura Ost und die Oberflächenanlage in Villigen treffe das Herz des Parks, konkret zehn zugehörige Gemeinden. Vetter führte weiter aus: «Ein Tiefenlager ist nicht vereinbar mit der Zielsetzung, Natur und Landschaft zu erhalten und die Regionalwirtschaft und den Tourismus zu fördern.»

Meinung der Leute gegenüber Landschaft und Produzenten ändert sich

Die Attraktivität des Gebiets und die Aufbauarbeit mit der Sensibilisierung der Bevölkerung inner- und ausserhalb des Parks für die Natur- und Kulturwerte würden sehr stark beeinträchtigt. «Der Imageschaden und die wirtschaftlichen Nachteile wären gross, und die Unterstützungsgelder von Bund und Kanton würden ihre Wirkung verlieren», sagte Vetter. Zu dieser Ansicht sei man auch im Austausch mit anderen Naturpärken gekommen.

Der Jurapark Aargau sei sich der Unvermeidbarkeit eines Tiefenlagerbaus bewusst: «Das muss in dem Gebiet passieren, das die grösste Sicherheit bietet. Wenn das bei uns ist, dann ist es eben so.» Unklar sei jedoch die Wirkung auf die Menschen, wenn der Bau erfolge. Als grösstes Bedenken bezeichnete Vetter, dass «die Meinung der Leute gegenüber Landschaft und Produzenten danach eine andere sein könnte».

Thomas Vetter, Präsident Jurapark.

Sollte der Entscheid für den Standort Jura Ost aber positiv ausfallen, müsse man das Beste daraus machen. Vetter sagte:

«Der Bau wird sicher auch Gäste anziehen, das werden aber andere sein, wie bisher.»

Man müsste dann versuchen, diese Leute abzuholen und für die Landschaft zu sensibilisieren.

Der Ansicht von Jurapark-Präsident Thomas Vetter schloss sich auch Weinbauer Bruno Hartmann an. Hartmann baut seit 37 Jahren Reben in der Region an, keltert und vermarktet heute rund 16 Hektaren Trauben.

Man stelle in Remigen nicht nur ein Grundnahrungsmittel her, sondern lege viel Wert auf den Tagestourismus – etwa als Teil der Vindonissa-Winzer – und werte das Naherholungsgebiet auf. So werde ein gesellschaftlich hoher Nutzen geleistet. Hartmann stellte klar: «Wir können nicht davonspringen, wenn das Tiefenlager kommt.»

Veränderte Weinpreise und sinkender Immobilienwert?

Mit den radioaktiven Abfällen bekäme man etwas in die Region, das sehr sensibel ist. Zudem seien die Reaktionen der Menschen auf das Lager unklar. «Hat es Einfluss auf die Weinpreise? Verlieren die Immobilien an Wert?», fragte Hartmann. Die regionalen Produzenten wären laut dem Winzer zuerst die Leidtragenden eines Tiefenlagers.

Bruno Hartmann, Weinbauer aus Remigen. 

Aber auch Hartmann sagte:

«Wenn bei uns der sicherste Ort für ein Tiefenlager ist, müssen wir das machen. Die übrige Schweiz soll das dann aber honorieren.»

Er hoffe, dass das Lager ihnen in diesem Fall nicht schade, sondern eine Aufwertung gebe und sicher sei.

Als Abschluss des Anlasses gab Kurt Wyss einen kurzen Überblick über den Stand im Sachplanverfahren. Im nächsten Jahr komme man in die «heisse Phase». Dann werde die Nagra ihre Auswertungen machen und entscheiden, an welchem Standort sie ein Rahmenbedingungsgesuch einreiche. «Die Katze wird aus dem Sack gelassen», sagte Wyss. Das Forum Vera werde diesen Prozess kritisch begleiten.