Rettungsgasse-Video sorgt für Knatsch zwischen Aargauer Polizisten und Sanitätern

So verhalten Sie sich richtig

Autofahrer sollen eine Rettungsgasse bilden, sobald der Verkehr ins Stocken kommt bzw. sich staut oder wenn sie via Radiomeldung oder Signalen dazu aufgefordert werden. Die wichtigsten Regeln:

■ Fahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen fahren so weit wie möglich nach links

■ Auf allen andern Fahrstreifen so weit wie möglich nach rechts fahren

■ Der Pannenstreifen ist, wenn immer möglich, freizuhalten

■ Genügend Sicherheitsabstand zum vorderen Fahrzeug halten

■ Die Rettungsgasse nicht befahren und erst dann auflösen, wenn der Stau wieder aufgelöst ist

Es ist der Horror aller Retter: Autos versperren den Weg zur Unfallstelle. Wertvolle Zeit verstreicht – Zeit, die über Leben und Tod entscheiden kann. Umso wichtiger wäre es, dass sich die Verkehrsteilnehmer richtig verhalten.

Wie das geht, zeigt ein neues Video des Aargauer Fahrlehrerverbands und der Kantonspolizei. Zu sehen sind gezeichnete Autos aus der Vogelperspektive, die über eine Strasse rollen. In der Optik von Fahrschullernmaterialien und dem Titel: «Wenn jede Sekunde zählt» wird dem Zuschauer erklärt, wie eine Rettungsgasse richtig gebildet wird. Auf Facebook hat das Video schon über 1000 Aufrufe erreicht.

Kritik am «Kantönligeist»
Doch die Aargauer Initiative sorgt für Kritik vom Verein «Helfen helfen». Dessen Mitglieder – mehrheitlich selbst Sanitäter – wollen schweizweit mit ihrer Rettungsgasse-Kampagne Verkehrsteilnehmer sensibilisieren. «Wir begrüssen, wenn sich Institutionen mit dem Thema beschäftigen», betont Sprecher Jan Tisato. «Doch das Video ist zu lang und extrem komplex.» Die Kernaussage gehe dabei unter, ausserdem würden einige Passagen für Verwirrung sorgen. Auf der Website der Kampagne ist ein Kurzfilm der Kantonspolizei Bern aufgeschaltet, der mit 1:50 Minuten rund halb so lang ist wie das Aargauer Pendant. Tisato und seine Mitstreiter verstehen deshalb nicht, wieso auch der Aargau einen eigenen Film benötigt. «Wegen dieses Kantönligeists besteht die Möglichkeit, dass nun jedes andere Korps ebenfalls ein Video produziert.»

Angesprochen auf die negative Reaktion, antwortet Roger Wintsch, Präsident des Aargauer Fahrlehrerverbands: «Zu Kritik von privaten Vereinen werden wir uns nicht äussern.» Zur Länge des dreieinhalbminütigen Films sagt er: «Unser Werk vermittelt viel Fachwissen und zeigt die bestehende Problematik klar und deutlich auf. Das ist in 50 Sekunden nicht möglich.» Produziert und finanziert worden ist das Video von Fahrlehrerverband und Kantonspolizei gemeinsam. Weil ein Student die Umsetzung übernommen habe und einiges an geistiger Vorarbeit ehrenamtlich geleistet wurde, könne das Budget als «schlank» bezeichnet werden. «Wir möchten mit dem Video die Verkehrssicherheit erhöhen», sagt Roger Wintsch. «Wenn dieses Video seinen Teil dazu beiträgt, dass in einem Notfall auch nur einem Menschen schneller geholfen werden kann, haben wir unser Ziel erreicht.»

Gescheiterter Flyer-Versand
Die Absicht, Menschen in Not besser retten zu können, verfolgt auch der Verein «Helfen helfen». Um die eigene Kampagne und das richtige Verhalten bei einem Unfall bekannter zu machen, planten die Verantwortlichen den flächendeckenden Versand von Flyern zusammen mit den Rechnungen für die Motorfahrzeugsteuer. Damit hätten rund 300 000 Fahrzeughalter im Aargau angeschrieben werden sollen. Doch die Aktion sei kurz vor Druckbeginn vonseiten der Kantonspolizei abgesagt worden, wie Jan Tisato sagt – «aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen».

«Nach Beurteilung des Strassenverkehrsamts muss dieses Thema einheitlich und zentral auf Bundesebene lanciert werden», begründet Samuel Helbling, Sprecher des kantonalen Departements Volkswirtschaft und Inneres, den Entscheid im Namen der Kantonspolizei und des Strassenverkehrsamts. Dies sei nur über das Bundesamt für Strassen möglich, die Kantonspolizei sei dort vorstellig geworden – habe aber noch keine Antwort erhalten.

von Manuel Bühlmann – az Aargauer Zeitung