
Schliessung der Verkaufsläden: So hilft die Regierung dem Gewerbe
Unternehmen den Zugang zu Unterstützungsmassnahmen zu erleichtern. Dies als Reaktion auf die am Freitag verschärften Coronamassnahmen, welche die Wirtschaft hart treffen. Bisher konnte ein Unternehmen nur von den kantonalen Härtefallmassnahmen profitieren, wenn der Umsatz im Jahr 2020 im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 mindestens um 40 Prozent eingebrochen war. Diese Schwelle hat der Bund in seiner Härtefallverordnung festgelegt.
Regierung lockert wichtiges Zulassungskriterium
Der Regierungsrat hat nun diese Schwelle auf 25 Prozent gesenkt und damit das wichtigste Zulassungskriterium gelockert. Die Reduktion gilt für alle Aargauer Unternehmen und Branchen. «Damit kommen wir der Wirtschaft entgegen», sagte Landammann und Finanzdirektor Markus Dieth gestern vor den Medien. Weil der Kanton Aargau mit seiner neuen Regelung mehr Unternehmen Unterstützung gewährt, als es die Verordnung des Bundes vorsieht, muss er alle Härtefallmassnahmen an Firmen mit einem Umsatzrückgang von 25 bis 40 Prozent selber finanzieren.
Unter dem Titel «Vereinfachung und Beschleunigung» stellte Dieth weitere Sofortmassnahmen vor. Unternehmen mit einem Umsatz bis 200’000 Franken profitieren neu von einem vereinfachten Antrags- und Bewilligungsverfahren. Bei diesen Unternehmen setzt der Kanton auf Selbstdeklaration statt eine aufwendige Einzelfallprüfung. Unternehmen mit Umsatz von 50’000 bis 100’000 Franken erhalten neu ausschliesslich À-fonds-perdu-Beiträge in der Höhe von maximal 10 Prozent eines normalen Jahresumsatzes – also maximal 10’000 Franken.
Das Unterstützungspaket für Unternehmen hat der Regierungsrat am 2. Dezember beschlossen und nach Ermächtigung durch die Finanzkommission einen Verpflichtungskredit über 125 Millionen Franken vorzeitig freigegeben. Seit dem 3. Dezember und noch bis zum 30. April können online Gesuche eingereicht werden. Bisher gab es laut Dieth rund 160 Registrierungen. Erste Auszahlungen erfolgen bis Ende Dezember.
Der Regierungsrat will – in Abstimmung mit dem Bund – zusätzlich die Möglichkeit prüfen, den Unternehmen in einem bestimmten Mass auch Umsatzentschädigungen oder Fixkosten-Abgeltungen ausrichten zu können. Für solche neue Lösungsansätze braucht es aber die Zustimmung des Grossen Rates. Der Regierungsrat geht davon aus, dass eine solche neue Massnahme erst Ende Januar 2021 realisiert werden könnte.
Der Regierungsrat hat an seiner gestrigen Sitzung auch noch einmal diskutiert, ob es sinnvoller wäre, das Sortiment in den Läden zu begrenzen; also beispielsweise Grossverteilern zu verbieten, Artikel, die nicht für den täglichen Gebrauch gedacht sind, zu verkaufen. Man habe sich aber dagegen entschieden, sagte Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati. Eine solche Beschränkung des Sortiments führe nicht zu weniger Verkehr. Ausserdem sei es für einen Kunden, der sowieso schon im Laden ist, nicht verständlich. Gallati betonte, die Regel komme auch kleinen Läden entgegen, die neben Gütern des täglichen Gebrauchs noch weitere Artikel verkaufen. «Sie müssen das Sortiment auch nicht begrenzen», so Gallati.
Noch vier freie Intensivbetten
Die Coronasituation im Aargau hat sich nicht entspannt. Im Gegenteil: Gestern meldete der Kanton 575 neue Coronafälle für den Vortag – so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie. An den Spitälern wurden am Dienstag 223 Covid-Patientinnen behandelt. 43 von ihnen lagen auf der Intensivstation. Auch das ist ein Negativ-Rekord. Vier freie Intensivbetten gebe es aktuell in den Aargauer Spitälern, sagte Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati gestern vor den Medien. «Wenn die Fallzahlen nicht sinken, laufen wir in eine Gesundheitskatastrophe», sagte er. Die Spitäler haben schon heute Mühe, für Intensivpatienten ein freies Bett zu finden – sei es im Aargau oder in einem anderen Kanton. Der Aargau hat zwar seine Intensivstationen aufgerüstet. In der ersten Welle wurden Geräte und Betten aufgerüstet, ausgeliehen oder angeschafft. 95 Intensivplätze könnten betrieben werden. Mit Betonung auf könnten. Tatsächlich sind im Aargau laut Gallati nur 60 Intensivbetten mit Personal bestückt. Und diese insgesamt 60 verfügbaren Plätze werden immer knapper. Neben den Covid-Patientinnen betreuen die Spitäler auch andere Patienten, die dringend medizinische Hilfe brauchen. Dazu kommt, dass die Betreuung von schwerkranken Covid-Patienten sehr viele Ressourcen braucht – mehr als andere Patienten auf der Intensivstation. Dass auch Spitalmitarbeitende krankheitsbedingt ausfallen, entspannt die Situation ebenfalls nicht. (nla)