Schreiben an den Bundesrat: Aargauer Regierung wehrt sich gegen härteres Grenzregime

„Der Regierungsrat des Kantons Aargau zeigt sich sehr besorgt, dass die von den Parteipräsidenten geforderten Einreisebeschränkungen umgesetzt werden könnten.“ Das steht in einem offenen Brief, den die Kantonsregierung am Dienstag an den Bundesrat geschickt hat. Die Präsidenten von SVP, FDP, Die Mitte, SP, Grünen und GLP hatten am Sonntag ein schärferes Grenzregime gefordert.

Darin verlangten sie unter anderem einen negativen Test als Bedingung für die Einreise in die Schweiz, eine fünftägige Quarantäne für alle Einreisenden und regelmässige Tests für Grenzgänger. Der Regierungsrat lehnt dies ab – „umso mehr, weil solche Beschränkungen die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie im Kanton Aargau gefährden könnten“, wie es im offenen Brief an den Bundesrat heisst.
 
Grenzgänger im Aargauer Gesundheitswesen unverzichtbar

Von den mehr als 14’000 Grenzgängern, die täglich im Aargau arbeiten, seien viele in Berufen im Gesundheitswesen tätig, insbesondere in Spitälern oder Pflegeeinrichtungen. „Sie sind für das reibungslose Funktionieren des Aargauer Gesundheitssystems von hoher Bedeutung und können ihre Tätigkeit naturgemäss nicht im Homeoffice ausführen“, gibt der Regierungsrat zu bedenken.

Die Verbreitung des Virus werde „erfahrungsgemäss nicht mit Grenzschliessungen, sondern mit Schutzkonzepten in den Institutionen verhindert“, hält die Regierung fest. Eine Grenzschliessung für den grenznahen Verkehr sei deshalb weder notwendig noch sinnvoll. Der Regierungsrat spricht sich gegen eine faktische Abschottung, oder die Wiedereinführung von aufwändigen Grenzkontrollen und Testregimes aus, die kaum praktikabel wären.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit statt Abschottung

Wirkungsvoller für die Eindämmung der Pandemie sei eine gute, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordination der Massnahmen. Deshalb habe sich der Kanton seit Beginn der Pandemie in Telefonkonferenzen und persönlichen Gesprächen auf Regierungsebene mit Vertretern der deutschen Landkreise sowie des Landes Baden-Württemberg ausgetauscht.

„So konnten Probleme und Herausforderungen, unter anderem im grenzüberschreitenden Contact Tracing, rasch behoben und die Massnahmen abgestimmt werden“, hält der Regierungsrat fest. Erst letzte Woche hätten sich diese Kontakte und dieses Vorgehen bewährt.

Mit der Unterstützung der Schweizer Botschaft in Berlin habe man erreicht, dass Deutschland und Baden-Württemberg für die Grenzgänger sowie den kleinen Grenzverkehr (24h-Regelung für Familienbesuche, Tierpflege usw.) praktikable Lösungen gefunden hätten, schreibt die Regierung.

„Einseitige Einschränkungen wären ein Eigentor“

Wenn die Schweiz nun einseitig umfassende Testpflichten oder andere Einschränkungen einführen würde, die man zuvor gegenüber Deutschland eben noch bekämpft hatte, wäre dies für den Regierungsrat „ein klassisches Eigentor.“ Überdies würde eine solche Verschärfung das Verhältnis zu Deutschland als Nachbar massiv belasten.

Abschliessend bittet der Regierungsrat den Bundesrat, „den bewährten Weg weiter zu verfolgen und sich im Austausch mit den Nachbarländern und der Europäischen Union für möglichst gut koordinierte und situationsgerechte Massnahmen einzusetzen“. Die Aargauer Regierung ist überzeugt, dass damit und mit der fortschreitenden Impfkampagne die Covid-19-Pandemie erfolgreich bekämpft werden könne.