Schwere Zeiten für kleine Büsi: Der Aargauer Tierschutz kämpft mit Platzmangel

Ein grosses Herz für Tiere: Die Präsidentin des Aargauischen Tierschutzvereins (ATs) , Astrid Becker (cki)
Ein grosses Herz für Tiere: Die Präsidentin des Aargauischen Tierschutzvereins (ATs) , Astrid Becker (cki)

Gute Gründe für eine Kastration

Ein Katzenpärchen bekommt im 2-3 mal Junge, von denen durchschnittlich 3 überleben: Anhand der Weibchen, die wiederum Nachwuchs bekommen, kommt man hochgerechnet auf 80 Millionen Katzen nach nur 10 Jahren.

Weitere Vorteile einer Kastration:

Keine Rolligkeitssymptome
Keine übelriechenden Markierungen
Ein geringeres Bedürfnis zu streunern
Weniger Aggressionen
Stärkere Menschenbezogenheit
Deutlich geringeres Risiko einer Infektion
Doppelt so hohe Lebenserwartung

Die Katzengehege des Aargauischen Tierschutzvereins (Ats) werden sich in den nächsten Monaten schnell füllen – denn vor allem von Juni bis Oktober kommen viele kleine Büsi auf die Welt. Und so herzig sie auch sind, durch den vielen Nachwuchs kämpft das Tierheim in Untersiggenthal jeden Sommer erneut damit, alle hilfsbedürftigen Katzen in ein Gehege aufnehmen zu können.

«Besonders im August reicht der Platz oft nicht», erzählt Astrid Becker, die Präsidentin des Aargauischen Tierschutzvereins. Erst vergangenen Sommer musste der Ats daher einen Aufnahmestopp verhängen. «Wenn das der Fall ist, nehmen wir Katzen teilweise auch mit nach Hause». Grundsätzlich werde aber versucht, die Katzen während dieser Zeit an ihrem Fundort zu versorgen.

Eine grosse Rolle bei der Überlastung spielen laut Becker vor allem die vielen herrenlosen und unkastrierten Katzen im Aargau, welche im Frühling und Sommer gleich zwei bis drei Mal Junge bekommen können. 

Für diese Katzenfamilien ist es ein hartes Leben – viele der Jungtiere sterben an Unterernährung, Krankheiten oder Unfällen. Die zuständige Katzengruppe des ATs fängt die wilden Katzenwelpen daher ein, zähmt sie, und kümmert sich um ihre tierärztliche Versorgung. Haben sich die Kleinen erholt und ein Alter von mindestens zwölf Wochen erreicht, werden sie weitervermittelt.

Ihre Mütter werden nach der Behandlung dagegen nicht ins Tierheim aufgenommen. Sie sind die Menschen nicht gewohnt und wären einem zu grossen Stress ausgesetzt. Der Ats bringt sie daher auf Bauernhöfen oder anderen geschützten Orten im Freien unter, wo sie gefüttert und tierärztlich kontrolliert werden.

Auch trächtige Findelkatzen kommen erst einmal nicht ins Katzengehege. Für sie sucht die Tierschutzorganisation eine Pflegefamilie, sodass sich die werdenden Mütter möglichst stressfrei auf die Geburt vorbereiten können. Zu ihnen gehört auch Schildi. Die frisch gebackene Katzenmama hat schon Mitte Mai zwei gesunde Welpen namens Taifun und Toffee auf die Welt gebracht.

Erschreckende Geschichten
Damit sich die Situation für Katze und Mensch verbessern kann, führt die Tierschutzorganisation schon seit über 20 Jahren zwischen November und Februar Bauernhofkastrationsaktionen (BHKKA) durch. Allein 2017 hat der Ats 411 Katzen kastriert, wobei für den Verein Kosten von rund 15 900 Franken entstanden sind. Der Ats erhält für seine wichtige Arbeit dabei keine staatlichen Subventionen, sondern finanziert sich rein durch Spenden. Eine Katzen-Kastrationgruppe hat vergangenes Jahr zudem weitere 798 Katzen in Not zur tierärztlichen Behandlung gebracht. 

Zur aktuellen Lage meint Astrid Becker: «Es ist schwer zu sagen, ob es im Aargau mittlerweile mehr oder weniger herrenlose Katzen gibt, doch die Situation hat sich aus unserer Sicht in den letzten Jahren nicht wirklich verbessert». Dies könne auch daran liegen, dass die Leute aufmerksamer geworden sind und die Katzen und ihre Jungtiere öfter melden, doch nicht nur die verwilderten Vierbeiner sind für den Ats beunruhigend: «Uns werden vermehrt Tierschutzfälle gemeldet, bei denen die Besitzer 20 bis 60 unkastrierte Tiere halten.»

Besonders erschreckend ist für Astrid Becker zudem, dass die Kätzinnen und ihre Jungen von ihren Besitzern teilweise ausgesetzt und einfach ihrem Schicksal überlassen werden. «Wir erleben noch immer, dass Welpen totgeschlagen oder ertränkt werden.» 

Wilde Büsi suchen ein Zuhause
Wer helfen möchte, kann das auf verschiedenen Wegen tun. Der Ats ist auf Spenden angewiesen, sucht nach geeigneten Pflegefamilien und ist dankbar, wenn Leute verwilderte und vernachlässigte Katzen melden.

Doch auch ein guter Platz im Grünen kann eine Hilfe sein: Derzeit suchen 42 herrenlose und scheue Katzen ein Zuhause im Freien, an dem sie geschützt leben können und regelmässig gefüttert werden.

Katzenhalter können, wie Astrid Becker betont, schon mit einem Tierarztbesuch helfen: «Lassen Sie ihre Büsi unbedingt kastrieren und chippen.»