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Das war es von «zämevorwärts»: Zwei Gemeindeversammlungen wollen Fusion nicht prüfen

Ein kleines Zahlenspiel: 641 Personen, die in Hallwil leben, sind stimmberechtigt. 129 müssten an der Gemeindeversammlung teilnehmen, damit ein Beschluss definitiv ist. 58 haben an der Versammlung am Freitagabend teilgenommen. 53 von ihnen sagten Ja zum Projektierungskredit, um eine Fusion mit Dürrenäsch und Seon zu prüfen. Das Ja der kleinsten der drei Gemeinden war demnach zwar an der Gemeindeversammlung eindeutig, rechtskräftig ist es aber noch nicht.

Genau so wenig sind es aber die beiden Nein zum Projekt «zäme vorwärts» aus Dürrenäsch und Seon. Dürrenäsch hatte an seiner Gmeind vom 19. November den Verpflichtungskredit abgelehnt. Die Referendumsfrist läuft am 27. Dezember ab. Am 26. November kam zeitgleich zum Ja aus Hallwil ein Nein aus Seon. An beiden Gemeinden nahmen zu wenig Einwohnerinnen und Einwohner teil, als dass der Beschluss definitiv wäre. In beiden könnte also ein Referendum die Prüfung des Zusammenschlusses noch retten. Hier läuft die Referendumsfrist 30 Tage nach der Publikation der Beschlüsse im Amtsblatt ab. Eines würde indes reichen: Auch mit zwei Gemeinden würde abgeklärt, welche Vor- und Nachteile eine gemeinsame Zukunft hätte. Gibt es also zum Beispiel ein Referendum in Seon, aber nicht in Dürrenäsch, würden die Abklärungen zwischen Seon und Hallwil geführt.

Grosse Angst vor dem Wort «Fusion»

Für den Seoner Gemeinderat war es eine schwierige Versammlung. Und das schon bevor es zum Traktandum mit dem Kredit für die Fusionsabklärungen kam, denn das Volk stimmte bis dort hin schon zweimal anders, als es der Gemeinderat vorgeschlagen hatte (siehe Kasten). Das war beim Fusionstraktandum nicht anders. «Es geht zu schnell, wir haben meiner Meinung nach noch viele Ungereimtheiten», sagte ein Votant. Zudem glaubte er zu wissen, wieso der Gemeinderat für Zusammenschluss-Abklärungen kämpft. «Der Kanton zahlt jeweils einen rechten Batzen für Fusionen. Ich denke, dass der Gemeinderat auf diese Millionen schielt.» Ein anderer Anwesender störte sich daran, dass Dürrenäsch den Kredit bereits abgelehnt hatte. «Es geht hier nicht um eine Fusion mit Hallwil, wir sprechen von einer reinen Übernahme.» Er glaube nicht daran, dass jemand in Dürrenäsch das Referendum ergreifen werde. Gegen eine Fusion an sich hatte er jedoch nichts, nur nicht in dieser Form: «Ich hätte am liebsten eine Gemeinde Unteres Seetal», sagt er.

Auch zwei ehemalige Seoner Gemeinderäte äusserten sich zum Thema: «Meiner Meinung nach ist Seon nicht an einem Zusammenschluss interessiert», sagte der eine. Eine Zusammenarbeit sei jedoch immer zu begrüssen. Das zweite ehemalige Mitglied der Seoner Exekutive sprach sich für den Kredit aus: «Heute geht es darum, eine Auslegungsordnung zu machen», sagte er. Seines Wissens nach sei so etwas in den vergangenen 40 Jahren noch nie gemacht worden. «Es geht doch darum, dass der Gemeinderat faktenbasiert entscheiden kann und nicht aus dem Bauch heraus.» Mit den Abklärungen könne Seon nur gewinnen und nichts verlieren.

Doch auch die wenigen positiven Voten und die Ansprache von Gemeindeammann Hans Peter Dössegger, mit welcher er kurz vor der Abstimmung noch für eine Annahme kämpfte, brachten nichts. Mit 79 Nein- zu 54 Jastimmen wurde das Traktandum abgelehnt. Zu gross schien die Angst zu sein, mit dem Kredit, welcher nur die Abklärungen für einen Zusammenschluss betroffen hätte, Ja zu einer Fusion zu sagen.

Hallwil kann nicht mehr alleine

In Hallwil war die Stimmung ebenfalls relativ klar, allerdings in die andere Richtung. Nur wenige waren skeptisch. Jemand bemängelte, dass der Kredit von knapp einer halben Million Franken «für ein Paar Gespräche» teuer sei. Jemand anderes störte sich daran, dass bereits von einem «Zusammenschluss» die Rede sei. Es gebe auch andere Formen der Zusammenarbeit, ohne gleich fusionieren zu müssen. Das Wort Fusion hatte der Gemeindepräsident in seinen einleitenden Worten denn auch tunlichst vermieden. Er betonte aber auch, dass man nun noch die Chance habe, proaktiv zu handeln, statt fremdbestimmt zu werden, beispielsweise durch den Kanton.

Die 58 anwesenden Hallwilerinnnen und Hallwiler sprachen sich grossmehrheitlich für eine Fusion aus. 

Ein Votant sprach sich dann klipp und klar für die Prüfung von möglichen Formen der Zusammenarbeit, bis hin zum Zusammenschluss, aus. Denn: Hallwil mit seinem hohen Steuerfuss (127 Prozent) könne gar nicht mehr anders, als zu fusionieren, «wir haben keine Wahl». Er verstehe Dürrenäsch, die Gemeinde sage noch Nein, weil es ihr noch zu gut gehe (dass auch Seon Nein sagte, war in Hallwil zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt). Der Bürger betonte das «noch»: In zehn Jahren sei auch dieses Dorf so weit, dass es alleine nicht mehr alles stemmen könne. «Wir haben ein Problem, das wir nicht mehr selber lösen können», argumentierte der Votant und erhielt kräftigen Applaus für seine deutlichen Worte.

Bereits an der letzten Gmeind wollte der Gemeinderat eine Parzelle veräussern und stiess damit bei den Anwesenden auf Widerstand. Anstelle eines Kaufvertrages wurde damals mit der Nushi Immobilien GmbH ein Reservationsvertrag abgeschlossen. Ausserdem wurde der Gemeinderat ermächtigt, den Kaufvertrag für die Parzelle an der Seetalstrasse zu den genannten Konditionen abzuschliessen – aber nur, wenn erstens ein rechtskräftig bewilligtes Bauprojekt mit einer Bäckerei im Erdgeschoss und zweitens ein unterzeichneter Pachtvertrag für diese Bäckerei mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren vorliegen. Dieses Mal ging es um eine Parzelle an der Ringstrasse in der W2 Zone, welche an die Roth Bau + Planungs AG aus Dürrenäsch zu einem Preis von 1’113’600 Franken verkauft werden sollte. Gleich fünf Anträge wurden von den Anwesenden zu diesem Traktandum gestellt. Sie störten sich an verschiedenen Aspekten. Ein Votant schlug vor, dass das Land im Baurecht verkauft werde. Einige Anwohnende der Ringstrasse störten sich an dem fehlenden Trottoir und befürchteten, dass mit der Überbauung des Grundstückes eine Ausweichmöglichkeit für Fussgänger wegfiele. Der einzige Antrag, der genehmigt wurde, befasste sich mit Lärmmessungen, welche im Vertrag festgehalten werden sollen. Ein Votant befürchtete, dass der Sportplatz, der unweit des Grundstückes liegt, sonst nur noch zu bestimmten Zeiten benutzt werden kann. Schliesslich wurde der Verkauf der Parzelle jedoch klar abgelehnt. (asu)