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In dieser Bibliothek gibt’s nicht nur einen Flohmarkt, sondern auch Samen zum Tauschen

Gleich gegenüber der Schule befindet sich die Schul- und Gemeindebibliothek Niederwil. Die Treppe hinab und schon stehen die Lesefreudigen in einem in freundlichen Farben gehaltenen Raum mit vielen Regalen voller Bücher. Dort nehmen die Bibliothekarinnen Susanne Maggisano und Andrea Wagenhofer ihre Leserschaft in Empfang. Es ist ein Donnerstagnachmittag, sie erwarten den baldigen Ansturm der Schülerinnen und Schüler.

Aktuell liefe es gut in der Bibliothek, berichten die beiden. «Wegen der Zertifikatspflicht erhalten wir keine negativen Rückmeldungen», merkt Susanne Maggisano an. Auch während des Lockdowns seien ihnen ihre Stammkunden treu geblieben: «Damals boten wir einen Lieferservice an.»

Liebevolle Dekoration finden Besuchende überall in der Bibliothek.

Das Besondere an der Einrichtung sei, dass sie ohne Bibliotheksausweis auskomme. «Wir kennen unsere Kunden, das passt», berichtet Wagenhofer lachend. «Das gesparte Geld investieren wir lieber in Bücher.» Die Bibliothek sei für die gesamte Bevölkerung von Niederwil zugänglich und kostenlos nutzbar.

Für ausrangierte Bücher gibt’s einen Flohmarkt

Wer nur Bücher und Hörbücher ausleihen möchte, müsse keine Gebühren bezahlen. «Das E-Book-Abo kostet 30 Franken, die Ausleihe von DVDs 20 Franken pro Jahr. Letztere sind aber gerade bei den Erwachsenen nicht mehr sehr gefragt», sagt Wagenhofer. Für ausrangierte, aber gut erhaltene Bücher haben die beiden eine Flohmarktecke eingerichtet.

Ein wichtiges Thema ist es für die beiden, schon kleine Kinder für Bücher zu begeistern. Dazu sagt Maggisano: «Regelmässig kommt der Kindergarten zu uns zu Besuch. Jedes Kind hat ein Benutzerkonto und darf Bücher ausleihen. Diese verbleiben dann im Kindergarten.»

So sieh die Bibliothek von aussen aus.

Der beliebteste Ausleihtag sei der Donnerstag. «Dann ist hier immer richtig viel los, die Kinder kommen direkt nach dem Unterricht in die Bibliothek», freuen sich die Bibliothekarinnen. Die Zusammenarbeit mit der Schule von Kindergarten über Primar bis zur Oberstufe laufe sehr gut.

Sie planen, eine Saatgutbibliothek zum Tauschen einzurichten

Sowohl Susanne Maggisano als auch Andrea Wagenhofer sind beruflich Quereinsteigerinnen, Bücher lieben beide. «Die Stelle war ausgeschrieben», erinnert sich erstere, «ich habe mich beworben und Glück gehabt. Seit fünf Jahren arbeite ich hier.»

Andrea Wagenhofer erzählt: «Ich war schon lange Kundin, dann wurde eine Bibliothekarin gesucht und nun bin ich seit zwei Jahren dabei.» Beide hätten verschiedene Kurse besucht, die sie für ihre Tätigkeit qualifizieren. «Eine Leiterin gibt es nicht, wir machen beide alles», betont Maggisano.

Der kleine Bücherflohmarkt in der Bibliothek.

Die Leidenschaft fürs Lesen sei hilfreich in diesem Beruf. «Ausserdem gefallen mir die Begegnungen mit Kindern und Erwachsenen», sagt Susanne Maggisano, «und das Organisieren von Veranstaltungen macht auch immer Spass.» Ihre Arbeitskollegin nickt zustimmend.

Beide bekunden, dass ein bisschen mehr Platz gut wäre. «Wir haben so viele Ideen, aber unsere Räumlichkeiten schränken uns etwas ein.» In ihrem Kurs zur Bibliothekarin hat Andrea Wagenhofer ein Projekt ausgearbeitet: «Wir planen, hier eine Saatgut-Bibliothek einzurichten. Dafür wird es eine spezielle Ecke geben, wo das Saatgut getauscht werden kann.» Für den Start sei schon Saat bestellt. «Im nächsten Frühjahr werden wir einen Vortrag sowie Workshop dazu anbieten, dort wird gezeigt, wie Saatgut gewonnen werden kann», führt sie engagiert aus.

Ein Buchtipp, ein Krimi mit realem Hintergrund

Bei der Auswahl ihres Lesestoffes zeigen sich die Bibliothekarinnen offen, beide lesen gern querbeet. Susanne Maggisano sagt: «Ich mag Krimis, aber es darf auch mal etwas Lustiges sein.» Ihre Kollegin stimmt ihr zu: «Die Stimmung des Buches ist wichtig, historische Themen lese ich auch gern.»

Freundlicher Eingangsbereich, Andrea Wagenhofer am Empfang.

Die beiden Bibliothekarinnen verbringen auch einen Teil ihrer Freizeit zusammen. Andrea Wagenhofer erklärt lachend: «Wir haben beide einen Hund und treffen uns oft für Spaziergänge.» Ausserdem engagieren sich beide Frauen im Vorstand der Frauengemeinschaft.

«Als Tipp habe ich ‹Revolverchuchi Mordfall Stadelmann› ausgesucht. Es ist nicht neu, aber sehr fesselnd und tiefgründig. Ausserdem spielt es im Aargau und handelt von einem realen Kriminalfall», stellt Susanne Maggisano das Buch vor. Es handelt von dem verheirateten Max Märki, der sich in eine junge Frau verliebt. Die beiden wollen nach Amerika.

Der Lesetipp der Bibliothekarinnen regt zum Nachdenken an.

Um das Geld dafür aufzutreiben, «drehen sie ein krummes Ding». Dabei läuft einiges aus dem Ruder, was böse Folgen hat. Die Bibliothekarin schildert: «Das Buch hat brutale Passagen, aber es ist auch sehr berührend. Eine Freundin empfahl es mir, und nach dem Lesen dachte ich, das müssen wir auch in der Bibliothek haben.»

Die Bibliothek ist 84 Quadratmeter gross. Susanne Maggisano und Andrea Wagenhofer sind die Bibliothekarinnen. Inklusive E-Books wurden 2020 um die 13’000 Medien ausgeliehen. Der Bestand umfasst rund 7000 Medien wie Bücher, Hörbücher und DVDs. Die Bibliothek lädt die Kleinsten zum Versli-Morgen ein, es gibt Führungen für Primar- und Oberstufen. Ausserdem organisiert die Bibliothek immer wieder interessante Lesungen.

Website: www.niederwil.ch/bildung/schul-und-gemeindebibliothek

Adresse: Schulanlage Riedmatte, 5524 Niederwil