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Wenn die Rose an der Tür den Tod ankündigt: Pflegefachfrau erzählt von ihrer Arbeit im Hospiz

Wenn Denise Jeker erzählt, was sie arbeitet, dann herrscht in der Regel betretene Stille beim Gegenüber. Über das Sterben spricht man nicht gerne. Sie erzählt: «Ich höre von Bekannten und Freunden immer wieder, dass sie diese Arbeit nicht leisten könnten und dass ihnen das Thema Angst macht.»

Denise Jeker arbeitet im Hospiz des Reussparks. Hierher kommen die Menschen, um zu sterben. Jeker und ihr Team versuchen, den Sterbenden und deren Angehörigen die letzten Stunden so schön und angenehm wie möglich zu gestalten.

Es sind nicht nur Medikamente, die den Hospizbewohnenden den Alltag erleichtern. Jeker nennt ein Beispiel: «Beim Eintrittsgespräch erfragen wir zum Beispiel, was die Patienten gerne essen oder worauf es sie gelüstet.» Denn nur wenn sich die Bewohnenden wohlfühlen, fällt auch das Abschiednehmen einfacher, sind Jeker und ihre Kolleginnen und Kollegen überzeugt.

Gerne erinnert sich die Lehrlingsausbildnerin an einen Bewohner, der als letzten Wunsch angab, noch einmal fischen zu gehen. Gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Wäscherei, einem begeisterten Angler, erfüllte man ihm diesen Wunsch.

Im Hospiz Kraft tanken für den nächsten Schritt

Oftmals ist es schon zu spät, um letzte Wünsche zu erfüllen. Es gibt Menschen, die nur noch wenige Tage oder Stunden im Hospiz verbringen. Da zählt das Team auf die Angehörigen, die wissen, was sich der Sterbende noch wünscht. Jeker erzählt: «In der Regel sind es Gespräche mit Freunden oder Verwandten, die sich Sterbende wünschen. Wenn diese zu weit weg leben, versuchen wir, eine telefonische Verbindung zu ermöglichen.»

Ganz wichtig sei, dass man das Zimmer der Sterbenden individuell einrichte und beispielsweise Bilder aufhänge. Jeker sagt: «Das muss am selben Tag noch gemacht werden, das erträgt keinen Aufschub.»

Jeder Mensch sterbe auf seine Art und Weise, beobachtet die 44-Jährige. Sie beobachtete in ihrer langen Berufspraxis, dass die neuen Patientinnen und Patienten nach dem Bezug des Hospizzimmers nochmals richtig aufleben. Sie beschreibt diesen Moment so:

«Es ist, als würden sie hier zur Ruhe kommen und für das nächste Wegstück noch Kraft tanken.»

Das Team des Hospizes ist geübt im Umgang mit dem Tod. Dennoch ist jeder Tag wieder eine neue Herausforderung. Meist sind es nicht die Sterbenden, sondern ihre Angehörigen, die viel Aufmerksamkeit und Zuwendung brauchen. Jeker sagt: «Diese Arbeit ist spannend, kann aber auch sehr herausfordernd sein.»

Katze Marie-Lou hatte den siebten Sinn

Schwierig wird es für sie und ihr Team, wenn die Angehörigen den Zustand der Sterbenden nicht wahrnehmen. Sie beschreibt es so: «Wenn für uns feststeht, dass die letzte Phase eingetreten ist, erklären wir den Angehörigen, welche Symptome ein Indiz dafür sind.»

Die Anzeichen für den nahenden Tod sind Appetitlosigkeit, Apathie und eine verlangsamte Atmung. Wenn es dem Ende zugeht, gesellt sich meist noch ein rasselndes Geräusch hinzu. Dieses sogenannte Todesrasseln sei auch für die Mitarbeitenden manchmal schwer zu ertragen, erzählt sie.

Ein wichtiger Indikator für den nahenden Tod war in den letzten Jahren die Stationskatze Marie-Lou. Jeker erzählt:

«Wenn die schwarz-weisse Kätzin sich zu einem Sterbenden legte, dann wussten wir, dass es nicht mehr lange dauert.»

Die Katze lebt nicht mehr. Die vierbeinige Nachfolgerin von Marie-Lou verfügt nicht über das gleiche feine Sensorium.

Den Tod und das Abschiednehmen würdig gestalten

Eine Rose an der Zimmertüre ist das sichtbare Signal für Angehörige, Bewohnende und Mitarbeitende, dass in diesem Zimmer jemand im Sterben liegt. Eine wichtige Regel im Hospiz ist, dass die Verstorbenen und ihre Angehörigen genügend Zeit und Raum für den Abschied erhalten. Jeker erinnert sich, dass noch vor wenigen Jahren grosse Hektik nach dem Ableben eines Menschen herrschte.

Jeker sagt: «Das machen wir jetzt anders. Wir lassen den Angehörigen so viel Zeit, wie sie benötigen, um sich zu verabschieden.» Gleich geblieben ist das Ritual, dass man den Verstorbenen mit einer Kerze gedenkt.

Damit belastende Situationen oder auch die Trauer um Verstorbene den Alltag nicht schwer machen, tauscht sich das Team regelmässig aus. Dazu gehört auch, dass man das Feedback bei den Angehörigen holt. Denn nur so gelingt es, den Tod und das Abschiednehmen für alle Beteiligten so würdig und stimmig wie möglich zu gestalten.