
So einflussreich sind die Aargauer im Bundeshaus: Die Mächtigen, die Eifrigsten, die Hinterbänkler
Thierry Burkart, FDP-Ständerat
★★★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Bringt alles mit, was einen erfolgreichen Politiker ausmacht. Ist machtbewusst, rhetorisch beschlagen, dossierfest, ohne Berührungsängste. Sehr auf sein Image bedacht.»
Ruth Humbel, Mitte-Nationalrätin
★★★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Zählt zu den profiliertesten Köpfen im Bern. In der Gesundheitspolitik kommt an der Mitte-Doyenne niemand vorbei. Steht auf dem Zenit ihrer Karriere.»
Cédric Wermuth, SP-Nationalrat
★★★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Als Co-SP-Chef eine dominierende Figur im Bundeshaus. Gehört in seiner dritten Legislatur zu den erfahrensten Köpfen – auch wenn er das Etikett des radikalen Jusos nicht wirklich wegbringt.»
Marianne Binder, Mitte-Nationalrätin
★★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Gilt als Einflüsterin von Parteichef Gerhard Pfister. Als Ex-CVP-Chefkommunikatorin medial gewandt, bewirtschaftet mit Vorliebe populäre Themen.»
Beat Flach, GLP-Nationalrat
★★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Zählt zu den Altgedienten bei den Grünliberalen, eine originelle Stimme und ein politischer Netzwerker. Profiliert in Sicherheits- und Rechtsfragen.»
Andreas Glarner, SVP-Nationalrat
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Wegen seiner mitunter harten Provokationen im ganzen Land bekannt. Realpolitisch fällt er kaum ins Gewicht, als Kommissionspräsident war er nicht immer sattelfest.»
Maja Riniker, FDP-Nationalrätin
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Hat sich in den schwierigen Dossiers der Sicherheitspolitik die Sporen abverdient.»
Matthias Jauslin, FDP-Nationalrat
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Kniet sich in die Dossiers rein. Weicht auch mal von der Parteilinie ab (etwa bei der Trinkwasserinitiative). Bewirtschaftet staatspolitische Fragen – welche oft kaum auf Breitenwirkung abzielen.»
Gabriela Suter, SP-Nationalrätin
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Bringt sich in Bern in Position. Ist mit originellen Vorstössen aufgefallen, der Kampf gegen heulende Motoren machte sie bekannt.»
Thomas Burgherr, SVP-Nationalrat
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Stiller Schaffer, hat es im Konzert der lauten SVP-Fraktion nicht leicht. Bewirtschaftet aber durchaus wichtige Themen.»
Irène Kälin, Grünen-Nationalrätin
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Als künftige Nationalratspräsidentin exponiert, hat sich mit einzelnen Vorstössen hervorgetan. In ihrer Fraktion aber kein Schwergewicht.»
Martina Bircher, SVP-Nationalrätin
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Kam mit vielen Vorschusslorbeeren als Sozial-Hardlinerin nach Bern. Ist in den Medien präsenter als in der parlamentarischen Kleinarbeit.»
Benjamin Giezendanner, SVP-Nationalrat
★★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Der Name Giezendanner verpflichtet im Bundeshaus. Sticht als Verkehrspolitiker punktuell hervor, hat aber noch lange nicht das Standing seines Vaters.»
Hansjörg Knecht, SVP-Ständerat
★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Manche sagen, er sei ein stiller und fleissiger Schaffer – andere bezeichnen ihn als Hinterbänkler. Bleibt auch im Ständerat blass.»
Yvonne Feri, SP-Nationalrätin
★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Sehr aktiv mit Voten und Vorstössen. Ihr wahres politisches Gewicht ist allerdings geringer.»
Lilian Studer, EVP-Nationalrätin
★★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Als Chefin einer Kleinstpartei hat sie es nicht leicht. Ist thematisch breit aufgestellt, bleibt trotzdem unauffällig.»
Stefanie Heimgartner, SVP-Nationalrätin
★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Scheint noch nicht richtig im Bundeshaus angekommen zu sein.»
Alois Huber, SVP-Nationalrat
★

Kommentar der Bundeshaus-Redaktion:
«Alois wer? Selbst unter Parlamentariern unbekannt, seine Aussenwirkung ist bisher kaum messbar.»
Analyse: Wer sich in Szene setzt, wer bisher abfällt
Wer hätte vor den Wahlen 2019 gedacht, dass zwei Jahre später gleich zwei Bundesratsparteien von Aargauern präsidiert werden: Cédric Wermuth führt die SP an, Thierry Burkart die FDP. Wermuth ist erst 35, gehört aber nach bald zehn Jahren im Nationalrat zu den Dienstältesten und nicht erst sei seiner Wahl zum Co-Präsidenten zu den Meinungsführern in der SP.
Burkarts Wahl in den Nationalrat 2015 war der Anfang einer steilen Bundeskarriere: 2019 wurde er Ständerat und nun, eher unerwartet, sogar Parteipräsident. Sein enger Draht zu Bundesrätin Karin Keller-Suter, sein Netzwerk in der Verwaltung und seine Akzeptanz über die FDP hinaus machen ihn zum vielleicht einflussreichsten Aargauer in Bern zur Zeit.
Neben Burkart und Wermuth sticht Ruth Humbel heraus. Die Mitte-Politikern aus Birmenstorf präsidierte in der ersten Legislaturhälfte die wegen der Pandemie besonders wichtige Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit. An der Grande Dame der Gesundheitspolitik kommt man in Bundeshaus nicht vorbei.
In die zweithöchste Kategorie teilt die CH-Media-Bundeshausredaktion Marianne Binder (Mitte) und Beat Flach (GLP) ein. Die beiden besetzen keine offizielle Schlüsselposition, machen ihren Einfluss aber anderweitig geltend.
Wie Binder und Flach informell Einfluss nehmen
Binder gehört offiziell zu den «Neuen» im Bundeshaus, aber eigentlich war ihre Wahl 2019 in den Nationalrat eher eine Rückkehr. Die Badenerin konnte an ihr Beziehungsnetz anknüpfen, das sie als frühere Kommunikationschefin der CVP Schweiz aufbaute. Binder versteht es nicht nur, sich regelmässig in den Medien Gehör zu verschaffen; sie gilt auch als eine der wichtigsten Bezugspersonen von Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Misst man ihren Einfluss daran, wie sie in den Fraktionssitzungen das Wort ergreift, ist dieser nicht gross genug einzuschätzen.
Beat Flach wiederum gehört zu den Urgesteinen der noch jungen GLP. Der Auensteiner geht bereits in sein zehntes Nationalratsjahr. Flach gilt als sehr gut vernetzt und geniesst auch in anderen Parteien hohe Achtung. Flachs Engagement wird national sogar noch stärker wahrgenommen als in seinem Heimatkanton, wie die Medienauswertung zeigt. Wer sich in Szene setzt, wer als stiller Schaffer punktet Vier Frauen und vier Männer hat die Bundeshaus-Redaktion ins obere Mittelfeld gesetzt.
Wie sich Suter und Bircher in Szene setzen
Nicht selbstverständlich ist das vor allem für die neu Gewählten: Gabriela Suter (SP), Maja Riniker (FDP), Martina Bircher (SVP) und Benjamin Giezendanner (SVP).
Wer sich schnell einen Namen machen will in Bern, schnappt sich am besten ein noch nicht besetztes populäres Thema. Das schaffte die Aarauerin Suter mit ihrer Kampfansage gegen Töfflärm. Sie zog mit ihren Vorstössen bereits die zuständige Kommission auf ihre Seite.
Martina Bircher knüpfte im Bundeshaus an ihr Kernthema als Aarburger Gemeinderätin an: Sozialhilfe und Asylpolitik. Nationale Aufmerksamkeit brachte ihr, als sie in Aarburg die Spitex-Aufträge ausschrieb, so die Kosten halbierte und damit die Branche aufmischte. In Sozial- und Ausländerpolitik ist sie Hardlinerin, widerspricht aber den älteren Herren in der SVP in Gesellschaftsfragen: Die Mutter eines dreijährigen Buben spricht sich für eine moderne Kita-Politik aus und für die Ehe für alle.
Maja Riniker ist bisher nicht ganz so aufgefallen wie ihre Kolleginnen Bircher und Suter. Das liegt wahrscheinlich an ihrem Kernthema Sicherheitspolitik, das medial zurzeit weniger Beachtung geniesst, im Bundeshaus selber aber Gewicht hat. Wie Suter und Bircher verschafft sich die 43-jährige Suhrerin als Neue umso mehr Gehör mit überdurchschnittlich vielen Vorstössen: 26 hat die Freisinnige bereits eingereicht.
Mit Voten und Vorstössen hält sich dafür Benjamin Giezendanner zurück. Auch dem Namen sei Dank kennt ihn aber auf Anhieb jede und jeder im Nationalratssaal. Ganz der Vater profiliert sich auch Giezendanner junior vorab im wichtigen Dossier Verkehr.
Vier Bisherige mit drei von fünf Sternen
Matthias Jauslin (FDP) hat sich in seiner zweiten Legislatur etabliert in Bern. In seinen sechs Jahren als Nationalrat machte sich der Wohler KMU-Chef vor allem in staatspolitischen Fragen einen Namen. Als Unternehmer vertritt er einen bürgerlichen, aber unideologischen Kurs und weicht auch mal von der Parteilinie ab (Trinkwasserinitiative). Jauslin war klar auf Gössi-Linie; man darf gespannt sein, wie er sich im neuen Machtgefüge des Freisinns einreiht.
Thomas Burgherr hat nach seinem Rücktritt als SVP-Kantonalparteipräsident an Aufmerksamkeit eingebüsst; dafür hat er mehr Zeit, sich als Nationalrat zu profilieren. Der Holzbau-Unternehmer aus Wiliberg fällt neben all den Alphatieren in seiner Fraktion nicht auf, geniesst aber einen guten Ruf als einer, der sich in Dossiers reinkniet.
Bei Andreas Glarner verhält es sich umgekehrt: Im Scheinwerferlicht blüht der ehemalige Gemeindeammann von Oberwil-Lieli auf. Glarner kennt nur den Angriffsmodus, was sich in hoher Medienpräsenz niederschlägt. Weniger Herzblut attestiert man ihm bei trockener Kommissionsarbeit. Glarner bevorzugt nationale Themen, die mehr Zündstoff hergeben als kantonale. Das Engagement des Aargauer SVP-Präsidenten ist in Zukunft aber vor allem in seiner Heimat gefragt, wo es in den Ortssektionen nach den schmerzhaften Niederlagen bei den Kommunalwahlen brodelt. Irène Kälin kann sich als Vizepräsidentin des Nationalrates zurzeit nicht über pointierte Themenpolitik profilieren. 2022 wird die Grüne aus Oberflachs dafür als Nationalratspräsidentin für ein Jahr besonders im Zentrum stehen.
Etablierte mit Luft nach oben
Yvonne Feri ist eine feste Grösse in der Aargauer Sozialdemokratie, die Wahrnehmung der Wettingerin im Bundeshaus ambivalent. Gemäss den Auguren in Bern gehört sie nicht zu den Aushängeschildern ihrer Fraktion. An Einsatz mangelt es Feri nicht: Bei Vorstössen und Voten gehört sie zu den Aktivsten.
Wie Giezendanner trat auch Lilian Studer in die Fussstapfen ihres Vaters. Heiner Studer hat sich in acht Jahren als Nationalrat einen Namen gemacht. Die 43-Jährige braucht noch ihre Zeit. Ihre Funktion als EVP-Präsidentin kann ihr helfen.
Hansjörg Knecht hat mit dem Wechsel vom National- in den Ständerat an Stimmgewicht gewonnen. Sein Einfluss im Bundeshaus wird aber auch im eigenen Lager weiterhin als mässig eingestuft. Mit Vorstössen für eine Bahnlinie durchs Zurzibiet oder gegen die Offenlegung von Bächen bedient der Leibstädter weniger schwergewichtige Themen. Als erfolgreicher Müllerei-Unternehmer könnte er noch mehr mit seiner KMU-Erfahrung punkten.
Noch nicht ganz in Bundesbern angekommen
Bei 246 Mitgliedern der Bundesversammlung kann nicht jeder die erste Geige spielen. Stefanie Heimgartner und Alois Huber sind noch besonders diskret unterwegs. Die Unternehmerin aus Baden stösst immerhin mit ihrem Postulat, Armee-Orientierungstage auch für Frauen obligatorisch zu machen, beim Bundesrat auf offene Ohren. Beim Bio-Landwirt aus Möriken-Wildegg wartet man noch auf den ersten Vorstoss.
Die Bewertung der 18 Aargauer und Aargauerinnen in Bundesbern
von ★★★★★ (Schwergewicht) bis ★ (Leichtgewicht)
Die Bewertung
Die Bundeshaus-Redaktion von CH Media/AZ hat die 18 Aargauer Parlamentarier und Parlamentarierinnen betreffend ihres Einflusses in Bundesbern eingeschätzt. Dabei hat sie von 5 (Schwergewicht) bis 1 (Leichtgewicht) Sterne verteilt und einen Kurzkommentar dazu gemacht. Die Bewertung beruht auf eigenen Beobachtungen während der Sessionen sowie zahlreichen Gesprächen mit anderen Parlamentariern und Parlamentarierinnen. Die Bewertung bleibt dabei ein Stück weit subjektiv.