So viele Frauen stehen auf den Aargauer Wahllisten: CVP macht den grössten Sprung – die SVP rückwärts

Es war ein historischer Moment: Seit letztem Jahr ist die Aargauer Delegation im Nationalrat mehrheitlich weiblich (9 zu 7). Insgesamt stieg der Frauenanteil in der grossen Kammer um 30 Prozent. Man sprach von einer «Frauenwahl».

Im Aargauer Grossen Rat besetzen Frauen ein Drittel der 140 Sitze. Ob sie ähnlich stark aufholen wie bei den eidgenössischen Wahlen, wird sich zeigen. Klar ist hingegen bereits: Auf den Wahllisten sind die Frauen nur minim besser vertreten als bei den letzten Grossratswahlen vor vier Jahren.

Zur Wahl am 18. Oktober treten 1027 Kandidierende an. Darunter befinden sich 385 Frauen (37,5 Prozent). Das sind drei Prozent mehr als bei den letzten Wahlen.

SVP berücksichtigt Frauen nicht speziell

SVP und EDU haben als einzige der grösseren Parteien weniger Frauen auf ihren Listen. Für die wählerstärkste Partei stehen 80 Prozent Männer am Start. Bei der Zusammensetzung der Listen würden verschiedene Faktoren wie Berufsfelder, Qualifikationen, Alter und Geschlecht gewichtet, sagt Fraktionspräsidentin Désirée Stutz. Auch der Wohnort innerhalb eines Bezirks sei für eine ausgewogene Liste entscheidend. Frauen werden nicht speziell berücksichtigt. Wo Potenzial sei, werde gefördert – unabhängig vom Geschlecht. «Wer möchte, der kann», sagt Stutz. Ihre Wahl zur Fraktionspräsidentin im Grossen Rat sei ein Paradebeispiel dafür.

Im Gegensatz dazu ist bei der CVP die grösste Veränderung zu erkennen. Die Partei tritt mit fast sieben Prozent mehr Frauen an. Es sei ihre Absicht, den Frauenanteil in der Politik stetig zu steigern, schreibt Präsidentin Marianne Binder-Keller. Ohne Aufbauarbeit funktioniere das jedoch nicht.

Beim Thema Quote sind sich die zwei Politikerinnen einig. Stutz sieht keinen Sinn darin, eine solche einzuführen, auch wenn Frauen und Männer nicht gleichmässig vertreten seien: „Politiker sollen wegen ihrer Qualifikationen und nicht lediglich aufgrund des Geschlechts gewählt werden.“ Eine Quote könne sich sogar negativ auf fähige Kandidatinnen auswirken.

Binder sagt, Frauen vom Eintritt in die Politik zu überzeugen sei einer ihrer Schwerpunkte. Frauen seien sehr erwünscht. «Ich kann Ihnen versichern, kein einziger Mann stand einer Frau vor der Sonne und schubste sie von der Liste», sagt Binder.

Hält die SP stur an einer Quote fest?

Bei der SP fällt auf, dass exakt 50 Prozent Frauen kandidieren. Im Wahlkonzept habe man sich zum Ziel gesetzt, möglichst gleich viele Frauen wie Männer auf den Listen zu haben, erklärt Gabriela Suter, Präsidentin der Aargauer SP. Dass das Verhältnis genau bei 50:50 zu stehen kam, sei den Anstrengungen der Bezirksparteien zu verdanken. Das Geschlecht sei aber nicht das einzige Kriterium bei der Zusammenstellung der Liste. «Wichtig sind auch unterschiedliche Biografien», sagt Suter. Das Parlament solle die Vielfalt der Bevölkerung abbilden. Da sei es wichtig, dass Personen aus unterschiedlichen Berufen und Alterssegmenten, mit verschiedenen Lebenserfahrungen und Hintergründen zu vertreten sind.

Knapp hinter der SP liegen mit 47 Prozent Kandidatinnen die Grünen. Hat es auf einer Liste noch Platz, werde diese eher mit Frauen aufgefüllt, sagt Präsident Daniel Hölzle.

Nicht nur die Frauenquote, sondern auch die Platzierung auf der Liste ist von Bedeutung. Wer weiter oben steht, wird eher gewählt. Auffällig ist, dass bei allen Parteien mehr Männer die vorderen Listenplätze besetzen.

Für mehr Frauen in der Politik kämpft die überparteiliche Kampagne «Helvetia Ruft!». Das Interesse scheint vorhanden zu sein. Am 10. und 11. August wurden Mentoring-Anlässe durchgeführt. Die Nachfrage sei gross gewesen, sagt Projektträgerin Marianne Fischer (GLP). Themen der Veranstaltung waren unter anderem der Umgang mit Medienanfragen, Auftrittskompetenz und die Sozialen Medien.