So viele Strassen-Grossbaustellen wie noch nie im Aargau – die Liste

 

So spart der Kanton viel Zeit, denn der Aufwand für allfälligen Landerwerb, Einsprachen, Projektierung etc. werde darob nicht grösser. Meier: «Zudem können wir so qualitativ besser bauen. Denn dank Vollsperrung gibt es beim Belagseinbau weniger Etappen und Fugen. Das verlängert die Lebensdauer des Belags.»

Ziel sei jeweils, die Beeinträchtigungen für Verkehrsteilnehmende und Anwohnerschaft auf ein Minimum zu reduzieren.

Wieviel Verkehr kommt nach Corona zurück?

Man komme auf den Strassenbaustellen trotz Corona-Einschränkungen sehr gut voran, sagt Meier. Nach einem Rückgang im Lockdown 2020 habe der Strassenverkehr trotz Homeoffice aber wieder angezogen, weil viele Pendler wegen Corona vom öffentlichen Verkehr aufs Auto umgestiegen sind.

Meier ist gespannt, wie es sich nach Aufhebung der Homeofficepflicht weiterentwickelt: «Wir wissen jetzt, dass viel Arbeit auch im Homeoffice erledigt werden kann, dass viele Sitzungen sehr gut online abgehalten werden können. Ich bin gespannt, wie viel davon bleibt, und ob das sogar dazu beiträgt, die morgendliche und abendliche Verkehrsspitze etwas zu brechen.»

Reicht das Geld überhaupt für all die Projekte?

Per Ende 2020 lagen in der Strassenkasse des Kantons 175 Millionen Franken. In diesem Jahr werden gegen 300 Millionen Franken verbaut, weil mit sechs Strassen-Grossprojekten so viele im Bau sind wie noch nie. Meier: «Das ist aber eine absolute Ausnahme. Nächstes Jahr werden es nur noch drei sein, zusätzlich zu den turnusmässig nötigen Strassensanierungen.»

Wenn diese Grossbaustellen vollendet sind, dürften sich die jährlichen Ausgaben der Strassenkasse wieder auf etwa 200 Millionen Franken jährlich einpendeln. In den nächsten zehn Jahren erwartet Meier bei der Strassenkasse keine grossen Verwerfungen, die Mittel für die begonnenen und geplanten Projekte seien da.

Ob die Kasse dereinst aber auch für das geplante Megaprojekt Regionales Gesamtverkehrskonzept Ostaargau mit Zeithorizont 2040 ausreichend gefüllt sein wird, falls gleich zwei Tunnel realisiert werden sollten, weiss er noch nicht. Dafür müsse man dereinst voraussichtlich eine alternative Finanzierung prüfen, sagt Meier. Was heisst das? Meier: «Eine Möglichkeit ist, dass sich die Strassenkasse verschuldet, oder dass die Motorfahrzeugabgabe vorübergehend erhöht wird. Das würde aber frühestens in zehn Jahren spruchreif.»

Rohstoffhype: Kunststoffrohre teurer, Schaltafeln werden knapp

Von der derzeitigen Rohstoff-Knappheit und entsprechend steigenden Preisen spürt man auf den Strassenbaustellen nicht viel. Meier: «Heimische Rohstoffe für Beton oder Teer sind genug da, da spüren wir auch keine Preissteigerung. Steigende Preise beobachten wir aber für Kunststoffrohre. Und wir spüren die Holzknappheit auch auf den Strassenbaustellen.»

Ganz gewöhnliche Schaltafeln seien schwieriger zu bekommen, man müsse schon mit Lieferfristen bis 12 Wochen rechnen. Für eine Beurteilung, ob das letztlich gar den Baufortschritt hemmen könnte, sei es aber noch zu früh.

Im Aargau gibt es derzeit so viele Strassen-Grossbaustellen gleichzeitig wie noch nie. Und überall sei man derzeit gut unterwegs, sagt Kantonsingenieur Rolf H. Meier.

Am meisten beschäftigt ihn derzeit der Pont Neuf in Aarau. Dieser löste bekanntlich hohe Zusatzkosten aus, weil die Pfähle tief in den Untergrund gerammt werden mussten, und weil beim Bau Widerlager der einstigen Kettenbrücke zum Vorschein kamen (und im Weg waren). Meier: «Die grössten Risiken sind jetzt aber bekannt, wir hoffen, nun ohne grössere Störungen voranzukommen.»

Meier erwartet, dass der Verkehr im dritten Quartal 2022 auf die neue Brücke geleitet werden kann. Dann wird die Behelfsbrücke abgebrochen und die Umgebungsarbeiten gemacht. Meier: «Der Pont Neuf soll im Frühjar 2023 ganz fertig sein.»

Gleich zwei Umfahrungen und Zubringer Lenzburg vor Eröffnung

Zeitlich auf Kurs ist man bei der Umfahrung Sins. Sie wird im September eröffnet. Der Tunnel ist fertig, derzeit erfolgt der Innenausbau (Elektronik, Sicherheitsanlagen etc). Zeitlich auf Kurs sei man auch bei der Südwestumfahrung Brugg, so Meier: «Der Rohbau ist fertig, wir sind an den Belagsarbeiten und beginnen mit dem Begrünen der Böschungen.» Hier sei es auch etwas leichter, «weil wir vorab an der Oberfläche arbeiten können». Auch hier ist die Eröffnung für diesen Herbst geplant.

Unmittelbar vor der Fertigstellung steht schliesslich der Autobahn-Zubringer Lenzburg. Auch hier läuft aktuell der Innenausbau, werden die Sicherheitsanlagen eingebaut. Meier: «Im 400 Meter langen Tunnel verbauen wir mehrere 100 Kilometer Kabel.» Parallel dazu saniert das Astra die SBB-Brücke. Beides soll schon anfangs August dem Betrieb übergeben werden können.

Dazu kommen jetzt die traditionellen Sommerbaustellen (vgl. grosse Tabelle unten). Tatsächlich hat das kantonale Baudepartement ständig etwa 750 Bauprojekte – wovon jedes Jahr etwa 80 als erledigt abgehakt werden können. Dies sagt Kantonsingenieur Rolf H. Meier. Die Arbeit am Strassennetz geht also nicht aus. Denn das 1200 Kilometer lange Kantonsstrassennetz will ständig unterhalten und erneuert sein.

Freude bereitet Meier auch die Baustelle für die Umfahrung Mellingen. Da kann man den Baufortschritt richtiggehend sehen. Man sei hier sehr gut unterwegs, bestätigt Meier, «auch wenn der Baugrund relativ nass ist und der Grundwasserspiegel hoch». In der Umfahrung Zurzach schliesslich sind die Rohbauarbeiten schon extrem fortgeschritten. Meier lobt bei dieser Gelegenheit die auf den Grossbaustellen beteiligten Bauunternehmen für ihre hohe Professionalität.

39 neue Baustellen allein in diesem Jahr

Dieses Jahr wurden bzw. werden 39 mittlere und kleinere Bau- und Sanierungsprojekte in Angriff genommen. Zusammen mit den laufenden Baustellen sind es aktuell 51. Insgesamt investiert der Kanton dieses Jahr gegen 250 Millionen Franken für den Ausbau und den Werterhalt der kantonalen Verkehrsinfrastruktur. Umgerechnet auf die Arbeitstage ist das rund eine Million Franken pro Tag. Dabei achtet der Kanton darauf, dass jeweils alle Regionen des Kantons berücksichtigt werden.

 

 

Sanierung am liebsten mit Vollsperrung und Umleitung

Anders als früher saniert man möglichst längere Abschnitte aufs Mal. Und dies womöglich mit Vollsperrung. Das gibt zwar für die Verkehrsteilnehmenden Umleitungen. Dafür erfolge die Einschränkung «weniger als halb so lange wie beim Einsatz von Lichtsignalen mit Einspurbetrieb», sagt Meier. Einspurregime gibt es derzeit beispielsweise bei Bauarbeiten an der Rohrerstrasse in Aarau.

Bau der Kanalisation Rohrerstrasse am Kreuzplatz. Bild: Urs Helbling
Bau der Kanalisation Rohrerstrasse am Kreuzplatz. Bild: Urs Helbling