SVP Buchs und Nationalrätin Bircher greifen Caritas an – die weist alle Vorwürfe deutlich zurück

Im Kanton Aargau sind grundsätzlich die Gemeinden für die Betreuung der anerkannten und vorläufig aufgenommenen Flüchtlinge zuständig. Sie können diese Aufgaben aber auch an Dritte delegieren, etwa an grössere Nachbargemeinden oder an Organisationen. Die Gemeinde Buchs hat einen Betreuungsvertrag mit der Caritas Aargau. SVP-Einwohnerrat Samuel ­Hasler fordert nun aber in einem Postulat dessen Auflösung.

Er argumentiert, diverse Gemeinden hätten den Betreuungsvertrag aufgelöst und würden die Flüchtlinge durch die eigenen Sozialen Dienste betreuen lassen. «Dieser Wechsel sollte uns zu denken geben», schreibt er. «Gemeinden, welche den Vertrag aufgelöst haben, melden positive Ergebnisse. Je nach Gemeinde würden «Summen in sechsstelliger Höhe eingespart».

Zudem, so Hasler weiter, berichteten jene Gemeinden, dass seit dem Wechsel weniger Flüchtlinge zu ihnen ziehen würden. «Es liegt auf der Hand, dass die Caritas ein vitales Interesse daran hat, dass die Flüchtlinge in Gemeinden ziehen, in denen sie das Betreuungsmandat hat», so der SVP-Einwohnerrat in seinem Vorstoss. «Durch ihre Arbeit in den Asylzentren kann Caritas Flüchtlinge motivieren, in Gemeinden wohnhaft zu werden, wo die Caritas von zusätzlichen Einnahmen profitieren kann.» Die Gemeinde Buchs dürfe eine solche Industrie nicht unterstützen, findet er.

«Haben null Einfluss auf die Wohnsitzwahl»

Fabienne Notter, Geschäftsleiterin der Caritas Aargau, weiss nicht so recht, ob sie über das Postulat schmunzeln oder sich ärgern soll. «Erstens ist die Caritas nicht gewinnorientiert, von einer ‹Industrie› kann nicht die Rede sein. Zweitens macht die Caritas Schweiz zwar Rechtsberatungen in den Empfangszentren des Bundes.

Wir haben aber null Einfluss darauf, wo die Flüchtlinge hinkommen, wenn sie auf die Kantone verteilt werden. Zu den kantonalen Asylzentren haben wir keinen Zugang. Case Manager des Kantons unterstützen die Flüchtlinge hier bei der Wohnungssuche, die Caritas ist nicht involviert. Ausserdem haben die Flüchtlinge freie Wohnsitzwahl.»

Weiter gibt sie zu bedenken: «Bei anerkannten Flüchtlingen kommt der Bund in den ersten fünf Jahren für die Kosten auf, bei vorläufig Aufgenommenen sogar für sieben Jahre.» Während dieser Zeit stehe pro Person ein fixer, vom Bund definierter Betrag zur Verfügung», sagt Notter. «Dieser ist immer gleich hoch, unabhängig davon, ob nun die Gemeinde die Betreuungsaufgabe an einen Dritten auslagert oder nicht.» 

Begleitung in die wirtschaftliche Selbstständigkeit

Die Caritas organisiere beispielsweise Deutschkurse und Integrationsangebote, helfe bei der Suche nach Jobs oder Lehrstellen und biete Beratungen bei Fragen zu Gesundheit, Finanzen oder Schule an. «Wir schauen auch, dass Flüchtlinge alle nötigen Versicherungen haben», sagt Notter weiter. Nicht alle diese Leistungen würden verrechnet. «Unsere Kurse zu Themen wie Wohnen, Finanzen oder Arbeit bieten wir beispielsweise als Eigenleistung an – weil wir ein Hilfswerk sind und die Integration fördern wollen.»

Die Caritas begleitet die Flüchtlinge so lange, bis sie wirtschaftlich selbstständig sind – oder aber in der Sozialhilfe der Gemeinde landen, weil der Kostenersatz des Bundes ausläuft. Erst dann wird die Gemeinde wirklich finanziell belastet. «Ziel ist, dass es nicht so weit kommt», sagt Fabienne Notter.

Die Caritas Aargau hat kantonsweit mit rund 25 Gemeinden Betreuungsverträge. In den letzten beiden Jahren haben zwei Gemeinden – Stein und Turgi – den Vertrag aufgelöst. Dies, weil sie ihre Sozialdienste mit einer anderen Gemeinde zusammengelegt und die Betreuungsaufgaben selber übernommen haben. Andererseits sind mit Gipf-Oberfrick und Erlinsbach zwei neue Gemeinden dazugekommen.

Aarburg hat den Vertrag schon vor ein paar Jahren gekündigt. SVP-Nationalrätin Martina Bircher, dort im Gemeinderat für das Ressort Soziales zuständig, hat deshalb volles Verständnis für das Postulat in Buchs: «Unsere Erfahrung zeigt: Wenn die Flüchtlinge fünf oder sieben Jahre von der Caritas betreut werden, wo sie keinerlei Auflagen haben und nichts für ihr Geld machen müssen, entwickeln sie eine Anspruchsmentalität. Das rächt sich, wenn sie später von der Gemeinde Sozialhilfe beantragen. Wir fahren besser, wenn wir sie von Anfang an selber betreuen.»