
Überraschend deutliche Absage an Waldinitiative – das sagen Sieger und Initianten
Der Wald hat verloren», entfährt es Wald-Aargau-Präsidentin, Mitinitiantin und SVP-Grossrätin Vreni Friker mit Blick auf das deutliche Abstimmungsergebnis. Nur jede und jeder Dritte sagte Ja zur Initiative der Förster. Man habe im Kampf «David gegen Goliath» gestanden, resümiert Friker. Ausser SP und Grünen sowie der von ihrer Mutterpartei abweichenden Jungen EVP sagten alle Parteien, die Handelskammer und der Gewerbeverband Nein. «Eine übermächtige Gegnerschaft», so Friker.
Leider hätten die finanzpolitischen über die sachlichen Argumente obsiegt. Sie glaubt nicht, dass die Forderungen unklar waren. Friker: «Es hätte zum Beispiel Geld geben sollen, wenn Forstarbeiter beim Holzen statt alle 20 nur alle 40 Meter eine Rückegasse durch den Wald ziehen, und den Boden schonen. Das macht die Ernte teurer und das hätte abgegolten werden können.»
Walddekret als Trostpflaster
Sie sei eine Optimistin, deshalb sehe sie auch das Licht im Schatten, so Friker. Ohne die Initiative hätten Regierung und Grosser Rat die 2 Millionen Franken zur Abgeltung hoheitlicher Leistungen im Wald – die der Kanton verlangt – nicht gesprochen. DieAnpassung des Walddekrets tritt per 1. Januar 2019 in Kraft. Positiv sei auch, dass der Wald wochenlang schweizweit in den Medien war.
Er habe eine verdiente Plattform erhalten, und man sei sich jetzt einig, «dass seine gemeinwirtschaftlichen Leistungen die Allgemeinheit etwas kosten dürfen». Doch wie weiter? Friker wird die siegreichen Gegner an ihrem Verhalten im Grossen Rat messen, wenn das nächste Naturschutzprogramm kommt: «Da müssen alle Farbe bekennen. Wir wollen sie in die Pflicht nehmen und erwarten einen Aufruf der Gemeindeammännervereinigung an die Gemeinden. Wir kämpfen weiter für den Wald, damit er in 50 Jahren noch so aussieht wie heute.»
Freude bei den Gegnern
Grosse Freude zeigt sich im Gesicht von FDP-Grossrätin Jeanine Glarner. Sie war ein prominentes Mitglied des von SVP bis EVP getragenen Nein-Komitees. Für sie ist klar: «Die Stimmbevölkerung will an der bewährten Waldpolitik festhalten. Demnach bleibt der Kanton zuständig für den Naturschutz im Wald. Für die Erholungsnutzung bleiben die Gemeinden zuständig.» Das sei auch richtig so. Vor Ort wisse man viel besser, was man genau brauche, und könne dies wirkungsvoller machen, als wenn der Kanton entscheiden müsste. Mitgespielt habe gewiss, dass der Aargau immer noch mit einem strukturellen Defizit von bis 140 Millionen Franken kämpft, es also nicht elf Millionen Franken Mehrausgaben «leide».
Richtig sei aber, dass der Grosse Rat das Walddekret angepasst habe. Es sei ein Verdienst der Initianten, dass dies so beschlossen wurde. Jeanine Glarner: «Sonst hätte der bestehende Auftrag des Grossen Rates wohl noch lange in einer Departementsschublade Staub angesetzt.» Glarner erwartet weitere Auswirkungen der Abstimmung: «Die Sensibilität dem Wald gegenüber ist gestiegen. So gehe ich davon aus, dass das nächste Naturschutzprogramm Wald im Grossen Rat kaum Opposition erfahren dürfte.»
Attiger: Aufgabenteilung gilt
Genugtuung verspürt Walddirektor Stephan Attiger. Er hätte das Nein nicht in dieser Deutlichkeit erwartet. Aber offenkundig teile eine klare Mehrheit die Argumente von Regierung und Grossem Rat. Attiger sagt: «Es ist falsch, einen Frankenbetrag ins Gesetz zu schreiben, und es ist falsch, dass der Kanton für alles im Wald aufkommen muss. Jetzt ist die bestehende Aufgabenteilung bestätigt.» Der Kanton zahlt für die von ihm verlangten hoheitlichen Leistungen im Wald, und für den Naturschutz. Die Gemeinden bleiben für die Erholungsnutzung zuständig. Und die Holzernte sollte kostentragend sein. Klar sei aber, «dass man aus dem Holzertrag keine anderen Aufgaben mehr quersubventionieren kann».
Es sei ausserdem unklar geblieben, wofür genau das Geld aus der Initiative gebraucht worden wäre, fügt Attiger an. Es sei aber richtig, dass der Grosse Rat inzwischen das Walddekret angepasst habe und der Kanton für hoheitliche Aufgaben im Wald 2 Millionen Franken mehr bezahlt. Aber warum musste das Parlament denn die Regierung fast dazu zwingen? In den letzten Jahren habe der Kanton wegen hoher Defizite harte Sparprogramme schnüren müssen, erinnert Attiger: «Da lagen Mehrausgaben schlicht nicht drin. Wir haben das damals kommuniziert, der Grosse Rat ist uns gefolgt. Im Grundsatz war diese Mehrausgabe aber auch unsererseits nicht bestritten.»
Nachdem klar sei, dass der Kanton für die Erholungsnutzung im Wald der falsche Adressat ist, bleibt dies weiterhin die Domäne der Gemeinden. Attiger: «So können sie weiterhin frei entscheiden, ob sie eher mehr oder eher weniger Erholungs- und touristische Nutzung in ihrem Wald wollen».