«Undemokratisch und stillos»: Kandidaten posieren schon als Gemeinderäte, bevor sie gewählt sind

Drei von fünf Turgemer Gemeinderäten treten per Ende Jahr zurück. Nur Gemeindeammann Adrian Schoop sowie Vizeammann Astrid Barben, beide von der Bürgerlichen Vereinigung (BVT), stellen sich bei den Wahlen am 26. September für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung. Nun zeigen sich die beiden vor dem Gemeindehaus auf einem Foto, gemeinsam mit drei Kandidierenden, die neu für das Gemeinderatsamt antreten: Mit Lucia Vettori, Emanuel Ritzmann (beide parteilos) und Pascale Marder (BVT).

In einer Mitteilung, die von der Badener Kommunikationsagentur verschickt wurde, heisst es: Dieses Team sei bereit, Turgi gemeinsam in die Zukunft zu führen. «Alle fünf befürworten eine Fusion von Turgi mit Baden.» Zentral seien die Finanzen, mit denen auch Zukunft sorgfältig umgegangen werden müsse, damit Turgi attraktiv bleibe.

Turgi wird also alle drei freien Gemeinderatssitze neu besetzen können – und doch sind nicht alle im Dorf glücklich mit dieser Nachricht, und vor allem mit dem Foto. Denn dass amtierende Gemeinderäte und Neu-Kandidierende gemeinsam vor dem Gemeindehaus posieren, dies vor der Wahl und vor Ablauf der Anmeldefrist diesen Freitag, sorgt für Kritik.

Martin Christen, Vorsitzender der SP-Ortsgruppe Turgi, kritisiert: «Das Foto ist sonderbar, nicht sehr demokratisch und stillos»

Und er sagt weiter: «Das Foto scheint eine Art Machtdemonstration zu sein. Die Gruppe posiert vor dem Gemeindehaus und stellt das Ergebnis dar, noch bevor eine Wahl stattgefunden hat. Die Gruppe verbreitet damit die Botschaft: So hat der neue Gemeinderat auszusehen.»

Fünfergruppe erhält Konkurrenz

Warum wurde dieses Foto gemacht? Gemeindeammann Adrian Schoop antwortet: «Ich stelle eine Gegenfrage: Warum sollten wir ein solches Foto nicht machen? Wir sind der Meinung, dass wir ein gutes Gremium wären. Wir könnten uns vorstellen, ein gutes Team zu sein. Für uns alle gilt: Wir müssen am 26. September neu gewählt werden. Nun treten wir quasi als überparteiliche Gruppierung gemeinsam auf.»

Er sei seit über zehn Jahren in der Kommunalpolitik, sagt Schoop, und habe sich in diesem Fall auf seine Intuition verlassen. «Ich finde dieses Foto legitim.»

Doch die Fünfergruppe erhält Konkurrenz: Laut Martin Christen von der SP-Ortsgruppe Turgi hat sich auch Madlon Lindenmann zur Wahl angemeldet. Sie bestätigt ihre Kandidatur auf Anfrage.

Die Wahlempfehlung von Links-Grün

Die Links-Grünen Parteien in Turgi, also SP, IG und Grüne, trafen sich gestern Dienstagabend. Der Entscheid fiel nach Redaktionsschluss, aber am Nachmittag deutete alles darauf hin, dass die drei Parteien Madlon Lindenmann und Lucia Vettori zur Wahl empfehlen werden. Martin Christen: «Schön ist, dass es derzeit ganz nach einer Frauenmehrheit im Gemeinderat von Turgi aussieht.»

Zurück zur Fünfergruppe auf dem Foto. Pascale Marder, eine der Neu-Kandidierenden, sagt: «Die Idee des Fotos ist zu zeigen, dass wir uns vorstellen können, zusammenzuarbeiten und ein Gremium zu bilden. Selbstverständlich ist es durchaus möglich, dass eine andere Person gewählt wird, das ist der demokratische Prozess.»