
Von 5 auf 0 Prozent: Coops Wachstum bricht ein – und die Migros warnt bereits
Bei Coop gibt es Erklärungsbedarf. Am Montag hat die Nummer eins im Schweizer Detailhandel ihre Umsatzzahlen 2019 publiziert. Mit 30,7 Milliarden Franken konnte der Rekordumsatz des vergangenen Jahres zwar egalisiert werden. Coop spricht von einer «Punktlandung». Heisst übersetzt: Null Wachstum. Damit wird Coop-Chef Joos Sutter kaum glücklich sein. Schliesslich hatte im Vorjahr noch ein Plus von 5 Prozent resultiert, wenn auch zum Teil aufgrund von Akquisitionen.
Zu denken geben dürfte Sutter unter anderem das Resultat im klassischen Detailhandel. Dort stieg der Nettoerlös nur noch um 1,4 Prozent auf 18 Milliarden Franken, während es im Vorjahr noch 1,9 Prozent waren. Umso erstaunlicher: Die Kundenfrequenz legte gleichzeitig um 2,5 Prozent zu.
Erlös von Grosshandel/Produktion wird nur noch währungsbereinigt bekannt gegeben
Dass das Umsatzwachstum im Detailhandel nicht mit dem Kundenwachstum mithielt, könnte auch mit der neuen Billigstrategie von Coop zu tun haben. Coop ist daran, die «Prix Garantie»-Linie auszubauen, um besonders preissensible Kunden nicht an Harddiscounter wie Aldi und Lidl zu verlieren. 2019 wurde das Günstig-Sortiment um über 100 Artikel wie zum Beispiel Backpulver und Rindshackfleisch ergänzt.
Bei den Fachformaten stieg der Nettoerlös um 2,6 Prozent auf 7,5 Milliarden Franken. Livique (ehemals Toptip)/Lumimart verzeichneten dabei laut Coop einen Zuwachs von 2,0 Prozent mit über 200 Millionen Nettoerlös.
Den Nettoerlös des bedeutenden Geschäftsbereichs Grosshandel/Produktion gibt Coop nur währungsbereinigt bekannt (+ 2,6 Prozent). Neu beläuft er sich auf 14,2 Milliarden Franken. Die Transgourmet-Gruppe habe damit ihre Position als zweitgrösstes Unternehmen im europäischen Abhol- und Belieferungsgrosshandel stärken können, schreibt Coop.
Meldet die Migros bald erstmals einen Rückgang des Umsatzes?
Das Online-Geschäft der Coop-Gruppe belief sich auf 2,6 Milliarden und wuchs um 238 Millionen Franken. Im Detailhandel betrug der Nettoerlös im Online-Geschäft 914 Millionen (+16,4 Prozent). Dabei wuchs der Online-Supermarkt «Coop@home» um 5,4 Prozent, und die die Online-Shops im Bereich Heimelektronik mit Microspot, Nettoshop, Fust und Interdiscount legten um 17,5 Prozent auf über 600 Millionen zu. Hier hat Coop noch immer den Flop des gescheiterten Projekts «Siroop» zu verdauen. Damit wollte Coop der Migros-Onlinetochter Digitec-Galaxus Paroli bieten, was nicht gelang. Nun soll Microspot diese Rolle übernehmen. Der Grosshandel verzeichnete im Online-Geschäft einen Nettoerlös von 1,7 Milliarden (+7,1 Prozent).
Den Gewinn für das letzte Jahr sowie ausführliche Kommentare zum Ergebnis publiziert Coop Gruppe erst Mitte Februar. Die Hauptkonkurrentin Migros hat noch keine Jahreszahlen für 2019 publiziert. Dennoch dürften auch am Hauptsitz am Limmatplatz Jubelschreie ausbleiben. Denn was das operative Geschäft anbelangt, stimmte Migros-Präsidentin Ursula Nold zuletzt auf ein schwaches Ergebnis ein: «Ich gehe davon aus, dass 2019 nicht als erfolgreiches Jahr in die Annalen der Migros eingehen wird.» Begründung: Die Detailhändlerin habe im Sommer über das ganze Sortiment die Preise gesenkt.
Damit verliere die Migros zwischenzeitlich Umsätze, so Nold. Das sei jedoch ein bewusster Entscheid. Sie sei überzeugt, dass man dank der tieferen Preise in Zukunft wieder Kunden gewinnen werde. «Das dauert noch ein wenig, wir müssen Geduld haben.» (bwe/dpo/chm)