Sie sind hier: Home > Aargau > Mellingens neue Frau Ammann: «Wir müssen jetzt Ruhe in den Gemeinderat bringen»

Mellingens neue Frau Ammann: «Wir müssen jetzt Ruhe in den Gemeinderat bringen»

Mellingen hat im zweiten Wahlgang entschieden. Das Ergebnis ist historisch. Erstmals in seiner Geschichte wird das Städtchen von einer Frau geführt. Die bisherige Gemeinderätin Györgyi Schaeffer (parteilos) erzielte 837 Stimmen und wird damit Nachfolgerin von Bruno Gretener (FDP), der nicht mehr zur Wahl antrat. Ihr Herausforderer Martin Huber (parteilos), der im ersten Wahlgang neu in den Gemeinderat gewählt wurde, erhielt 661 Stimmen.

Auch in der Wahl um das Amt des Vizeammanns setzte sich eine Frau durch. Evelyne Wernli (Mitte), die im September wie Huber neu in den Gemeinderat gewählt wurde, erzielte 829 Stimmen. Der bisherige Gemeinderat Beat Gomes (parteilos) kam auf 658 Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag bei knapp über 48 Prozent.

Schaeffer: «Mellingen hat das Gegenteil bewiesen»

«Es ist ein historischer Moment», sagt Schaeffer. Die studierte Betriebsökonomin gehört seit zwei Jahren dem Gemeinderat an und machte zuletzt vor allem im Ressort Kultur von sich reden. Im Wahlkampf sagte sie noch: «Es gibt Meinungen, dass Mellingen nicht bereit sei für zwei Frauen an der Spitze.» Nun sagt sie: «Mellingen hat das Gegenteil bewiesen.»

Die 50-Jährige mit ungarischen Wurzeln freut sich über das ausgesprochene Vertrauen. «Bisher wurden nur Ur-Mellinger und Männer in dieses Amt gewählt. Trotz meiner Herkunft hat sich die Stimmbevölkerung für mich entschieden. Das finde ich schön.» Schaeffer wohnt seit bald 10 Jahren in Mellingen, ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und arbeitete zuletzt als Wohnberaterin.

Schaeffer fordert Ruhe, Huber ist enttäuscht

«Ich bin mir der Verantwortung bewusst», sagt Schaeffer, Mellingen müsse nach den Querelen der Vergangenheit und dem phasenweise schmutzigen Wahlkampf nach vorne schauen. «Wir müssen nun Ruhe in den Gemeinderat bringen.»

Enttäuscht: Martin Huber.

Spürbar enttäuscht war ihr Herausforderer, der Unternehmer Martin Huber (52), der im ersten Wahlgang noch 27 Stimmen mehr als Schaeffer erzielt hatte. «Ich hätte ein engeres Resultat erwartet, aber die Wahl gilt es zu akzeptieren.» Huber war im Wahlkampf Ziel zahlreicher Angriffe. Als «unfair und unwahr» bezeichnet er das Verhalten und die Aussagen der Gegenseite. «Die Gewählten sind nun in der Pflicht, sie müssen den Karren ziehen», sagt er. Ob nun Ruhe in den Gemeinderat einkehrt? «Das hängt davon ab, ob die bisherigen Gemeinderäte die Neuen akzeptieren», sagt Huber.

Kein Platz mehr für Intrigen

Ähnliches sagt die neue Frau Vizeammann Evelyne Wernli: «Irgendwelche Spiele innerhalb oder ausserhalb des Gemeinderats dürfen keinen Platz mehr haben. Ich zitiere gerne Beat Gomes, der gesagt hat, die Zeit der Spaltung sei vorbei.» Nun gelte es, alle in die Pflicht zu nehmen und ehrliche und transparente Arbeit abzuliefern. «Wir haben nur eine Chance, wenn sich auch die Verlierer einbinden lassen», sagt Wernli. Die Nachfolgerin von Vizeammann René Furter (SVP) ist 57-jährig und hat in Frick ein Treuhandgeschäft.

Neue Frau Vizeammann: Evelyne Wernli.

Beat Gomes (68) interpretiert das Resultat als klares Votum für die Frauen. «Es ist ein Wandel und ich bin in erster Linie glücklich darüber, dass meine bisherige Kollegin als Ammann gewählt wurde. Deshalb ist für mich meine Nicht-Wahl kein Problem.» Es sei Zeit für einen Neubeginn. «Die Arbeit fängt jetzt an. Alle haben das gleiche Ziel vor Augen. Wir müssen liefern, denn die Fussstapfen von Bruno Gretener sind gross.»

Am Montag werden die Ressorts verteilt

Bereits am Montagabend werden die Ressorts für die neue Amtsperiode 2022/25 verteilt. «Alles scheint offen, die Karten werden neu gemischt», sagt Wernli. Der 23-jährige Student Silvan Herzig, der im September mit dem besten Ergebnis in den Gemeinderat gewählt wurde, weilt noch immer im Austauschsemester in Südafrika. Er wird der Sitzung online zugeschaltet.