Wegen falschen Preisangaben zu Wintersportschuhen vor Gericht

 

Im Detailhandel wird momentan mit harten Bandagen gekämpft. Das zeigt ein aktueller Gerichtsfall. Der Leiter der Sportabteilung einer grossen Detailhandelskette aus dem Kanton Luzern ist von der Staatsanwaltschaft Sursee per Strafbefehl zu einer bedingten Geldstrafe von 11600 Franken (bei zwei Jahren Probezeit), einer Busse von 4500 Franken und der Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt worden. Weil der Beschuldigte den Strafbefehl angefochten hatte, fand diese Woche eine Gerichtsverhandlung am Bezirksgericht Willisau statt.

Der leitende Mitarbeiter wird dafür verantwortlich gemacht, massgeblich an der Publikation von Werbezeitungen des Discounters mitgewirkt zu habe, in denen unrichtige respektive deutlich überhöhte Konkurrenzpreise für einen Skitourenschuh und einen Multifunktionsschuh publiziert wurden. Die Konkurrenz habe die Schuhe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht zu diesem Preis angeboten, heisst es in der Anklageschrift. Damit habe der Beschuldigte beim Skitourenschuh vorsätzlich gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen. Für die falschen Angaben zum Multifunktionsschuh wurde der Mann wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen die Preisvergabeverordnung (PVO) verurteilt.

Hersteller der Sportschuhe hat geklagt

Geklagt hatte ein Sportartikelhersteller aus der Romandie, der die beiden Schuhe herstellt. Der Skitourenschuh wurde zum Preis von 619 Franken angeboten, als Konkurrenzpreis waren 839 Franken aufgeführt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung habe dieser effektiv 799 Franken betragen, heisst es in der Anklageschrift. Der Multifunktionsschuh wurde für 179 Franken angeboten. Angegeben war ein Konkurrenzpreis von 299 Franken. «Der tatsächliche Konkurrenzpreis hat im November 2019 allerdings höchstens 199 Franken betragen», schreibt die Staatsanwaltschaft.

Der Einkaufschef der Sportabteilung gab sich an der Verhandlung eher wortkarg. Wenn er ein Produkt bestelle, kläre er den Konkurrenzpreis vorgängig ab und erfasse diesen im System. Für die Kontrollen sei sein Assistent zuständig. Dieser markiere beim Gut-zum-Druck des Prospekts allfällige Fehler. Bei einem Häkchen habe er nicht mehr nachgeprüft und sich auf diesen verlassen. «Mir sind beide Fehler erst klar geworden, als das Schreiben der Klägerfirma eintraf.» Der Assistent arbeitet nicht mehr beim Detailhändler. Ob dieser denn «ein Schlufi» gewesen sei, fragte Einzelrichter Robert Dobler den Beschuldigten. «Er war sehr schnell. Aber Genauigkeit war nicht seine Stärke», sagte der Angeklagte. Der Assistent habe sich jedoch nichts Grösseres zu Schulden kommen lassen. An den Namen könne er sich nicht erinnern; später fiel er ihm wieder ein. Beim Multifunktionsschuh sei der Preis im Warenerfassungssystem und auf dem Preiskleber korrekt angegeben gewesen, aber im Werbesystem falsch. Deshalb sei der Fehler passiert.

Die Frage des Richters, ob man intern etwas geändert habe nach den Vorfällen, um solche Fehler zu vermeiden, verneinte der Mann. Das System funktioniere seit zehn Jahren gut. «Man müsste vielleicht zuverlässigere Leute anstellen», sagte er. Schulungen nach dem Vorfall habe es keine gegeben.

«Illegalen Machenschaften der Firma ein Ende setzen»

Die Anwältin der Klägerfirma meinte, es sei nicht ihre Absicht, Mitarbeiter des Detailhändlers in Bedrängnis zu bringen. «Wir wollen aber den illegalen Machenschaften der Firma ein Ende setzen. Es werden bewusst überhöhte Konkurrenzpreise angeben, um den Absatz gewisser Produkte zu erhöhen.» –  «Einige der ‹Schnäppli› sind gar keine», sagte die Anwältin. Der Discounter beziehe die Schuhe auf dem Graumarkt und nicht beim Hersteller. Sie gehe von einem Vorsatz des Mitarbeiters aus. Dafür spreche, dass intern nichts geändert worden sei und der Mann bereits seit zehn Jahren dort arbeite. «Seine Unverfrorenheit kann man damit erklären, dass es eine übliche Praxis ist.» Sie verlangte deshalb eine Verurteilung.

Der Verteidiger des Discounter-Sportchefs sagte, die Publikation der falschen Konkurrenzpreise werde nicht bestritten. Es sei aber wichtig, die Verantwortlichkeiten im internen Ablauf zu klären. Der Beschuldigte habe die korrekten Konkurrenzpreise ermittelt. Der höhere Preis des Skitourenschuhs von 839 Franken sei bei einer früheren Recherche richtig gewesen. Entgegen einer entsprechenden Anweisung habe der Assistent diesen im System nicht geändert. Die Arbeitsbelastung seines Mandanten sei zudem gross. Er habe jeweils ein bis zwei Wochen Zeit, für rund 1500 Wintersportartikel die Preise zu bestimmen. «Eine Pflicht zur Einzelpreiskontrolle kann nicht von ihm verlangt werden.»

Der Anwalt verlangte, sein Mandant sei freizusprechen. Die Verfahrenskosten sollten auf die Staatskasse genommen und dem Beschuldigten seien 17932 Franken für dessen Kosten zu vergüten. Bei einem Schuldspruch wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen die Preisvergabeverordnung verlangte der Verteidiger das mildeste Strafmass und eine Busse von 500 Franken. Sein Mandant sei nicht vorbestraft. Er warf der Klägerin vor, einen «Kleinkrieg» gegen den Discounter zu führen. Sie wolle mit dem Verfahren gegen den Mitarbeiter an interne Informationen herankommen, wie die Firma ihre Konkurrenzpreise festlege. Nach dem Motto: Man schlägt den Sack und meint den Esel. Er bezeichnete die Rede der Klägervertreterin von den „Machenschaften“ als haltlose Behauptungen.

Das Urteil des Bezirksgerichts Willisau wird separat gefällt und den Parteien zugestellt. Über das Urteil und einen allfälligen Weiterzug an die nächste Instanz werden wir zu einem späteren Zeitpunkt berichten.