Wenn kein Bus nach nirgendwo mehr fährt – Aargauer Regierungsrat zum öffentlichen Verkehr

Es ist die Krux der Seitentäler: Sie bieten eine hohe Lebensqualität, sind aber mit dem öffentlichen Verkehr in den Randstunden oft nur schwer erreichbar. Dies gilt, wie die beiden SP-­Grossrätinnen Colette Basler und Elisabeth Burgener in einem Vorstoss festhalten, auch für das Fricktal.

Als Beispiel nennen sie die Verbindung von Aarau nach Zeihen, wo Basler lebt. Die letzte direkte Verbindung fahre um 19.36 Uhr, halten die beiden fest. «Gerade für Jugendliche – von denen erwartet wird, dass sie keinen Alkohol konsumieren, wenn sie Auto fahren – ist dies eine schwierige Situation.»

Sieben Fragen an den Regierungsrat

Eine zweite Schwierigkeit sehen die SP-Politikerinnen in den Schülerbussen, die während der Stosszeiten übervoll seien, «was dazu führt, dass Pendlerinnen und Pendler wieder aufs Auto umsteigen, weil in den Bussen zu wenig Platz ist».

Die beiden Grossrätinnen stellen dem Regierungsrat deshalb sieben Fragen zum öffentlichen Verkehr und wollen unter anderem wissen, ob der Regierungsrat die Meinung teilt, dass Nachtbusse nicht rentabel sein müssen, sondern dass sie zum Service Public gehören und zur Attraktivitätssteigerung der kleinen Gemeinden führen.

«Bund beteiligt sich nur beschränkt finanziell»

In seiner Antwort weist der Regierungsrat darauf hin, dass das Abendangebot in den letzten Jahren aufgrund der gestiegenen Nachfrage schrittweise ausgebaut worden sei. Beim eigentlichen Nachtnetz, das nur am Wochenende in Betrieb ist, «war hingegen in den letzten Jahren eine stagnierende Nachfrage festzustellen», hält die Regierung fest. Wie der übrige Regionalverkehr seien auch die Nachtbuslinien «in der Regel nicht kostendeckend».

Generell stellt der Regierungsrat fest, dass der öffentliche Verkehr im ländlichen Entwicklungsraum «häufig an seine Grenzen bezüglich der Nachfrage und der finanziellen Kosten» stosse. Das Aufrechterhalten eines gewissen Grundangebots soll aber auch in diesen Räumen abgedeckt werden. «Das ist im Kanton Aargau unbestritten, auch wenn sich der Bund, wie im Falle der Linien Herznach–Zeihen–Effingen oder Laufenburg– Kaisten–Ittenthal, wegen fehlender Nachfrage nur beschränkt finanziell beteiligt.»

Transportunternehmen haben eine Beförderungspflicht

Die Problematik mit überfüllten (Schüler-)Bussen in Spitzenzeiten ist dem Regierungsrat bewusst. Er ist der Meinung, dass Stehplätze und enge Verhältnisse in Spitzenzeiten und auf kurzen Streckenabschnitten akzeptiert werden müssten.

Gleichzeitig hätten die Transportunternehmen aber auch eine Beförderungspflicht. «Das heisst, dass bei steigender Nachfrage die Fahrzeuggrösse angepasst oder ein zusätzliches Fahrzeug eingesetzt werden muss.» Es sei aber nicht möglich respektive finanziell nicht tragbar, sämtliche stark belegten Kurse in den Hauptverkehrszeiten doppelt zu führen.

Homeoffice als Chance, Spitzen zu brechen

Der Regierungsrat weist auch darauf hin, dass die ÖV-Branche sich dafür einsetze, die Spitzen zu brechen. Er verweist auf die Verhandlungen mit grösseren Bildungsinstitutionen wie der Fachhochschule Nordwestschweiz über spätere Anfangszeiten. «Zudem werden die Pendlerinnen und Pendler dazu aufgerufen, wenn möglich die Spitzenzeiten zu meiden.»

Eine Chance sieht die Regierung mit dem vermehrten Homeoffice oder in der Möglichkeit, zuerst zu Hause zu arbeiten und später zur Arbeit zu fahren. «Dies bedingt aber ein Umdenken der ÖV-Nutzenden und eine Änderung der Gewohnheiten.»

Kanton weiss um das Problem

Eine solche setzt jedoch die Sicherheit voraus, dass man die Anschlüsse in Frick, Aarau oder Brugg auch erwischt – etwas, was nicht immer der Fall ist, wie die beiden Grossrätinnen schreiben. «Aus der Bevölkerung werden vermehrt Klagen über verpasste Busse respektive Zugverbindungen laut», halten sie fest. Es scheine, dass der Fahrplan, insbesondere auf der Staffelegg- und der Bözberglinie sehr eng gestaltet seien.

Der Kanton weiss um das Problem. Die Postauto AG habe zusammen mit dem Kanton Abklärungen getroffen und versucht, eine bessere Stabilität der Linien mit verschiedenen Massnahmen zu erreichen, hält die Regierung in der Antwort fest. So seien auf diesen Fahrplan hin die Fahrzeiten, der Fahrweg in Aarau sowie die Bedienung der Haltestellen der Staffelegglinie angepasst worden. «Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Fahrplanstabilität merklich verbessert hat.»

Aktueller Fahrplan ist «alles andere als zuverlässig»

Auch auf der Buslinie über den Bözberg wirken sich laut Regierung die ersten Massnahmen des Verkehrsmanagements im Raum Brugg positiv auf die Verlässlichkeit des Fahrplans aus.

Wenn da nicht die Baustellen, die Coronakrise und der Lokführermangel wären, was sich negativ auf den Fahrplan und die Fahrplansicherheit auswirkt. So sei der aktuelle Fahrplan «alles andere als zuverlässig», ärgert sich der Regierungsrat. «Der Kanton hat an höchster Stelle interveniert und steht bezüglich des weiteren Vorgehens im Kontakt mit Nachbarkantonen und dem Bundesamt für Verkehr.»