Wirt beisst Gast zweimal in den Oberschenkel und landet dafür vor dem Richter

Wildwestszenen in einem Gasthaus in der Region vor anderthalb Jahren: Aus Schimpfworten werden Tätlichkeiten bis hin zu Oberschenkelbissen. Dabei waren sich der Wirt, 56, nennen wir ihn Max, ein stämmiger Mann, und sein deutlich jüngerer Gast, nennen wir ihn Pascal, ein Schlaks mit vielen Tätowierungen und Piercings, einmal nahe gewesen. Gute Kollegen. Massgeblicher Mitspieler in jener Nacht vom Samstag auf den Sonntag, im Januar 2018, kurz nach drei Uhr nachts: der Alkohol.

Fäuste und Bisse, Revolver und Messer

Ja, er habe, wie Gerichtspräsident Daniel Aeschbach sagt, «einen an der Fichte gehabt», sagt Pascal. Zumal dank Auszahlung aus dem Sparverein der Beiz der Groschen locker sass. Das «fröhliche Fest», so Pascal, habe ein «abruptes Ende» gefunden, als Max plötzlich die Musik abgestellt hatte: «Das passte mir nicht; ich war enttäuscht und habe ein Bierglas an die Wand geworfen.» Später flog noch eine Kaffeetasche; Pascal platzierte eine Faust in Max’ Gesicht, die beiden, beide alkoholisiert, stürzten zwischen Barhocker und Buffetmöbel, worauf Max Pascal zweimal in den Oberschenkel biss. Er habe die Hände nicht frei gehabt und sich nicht anders zu wehren gewusst, sagt Max.

 

Damit nicht genug. Nachdem andere Gäste die beiden getrennt und Pascal ins Freie begleitet hatten, bedrohte Pascal Max am Telefon – Combox – mit dem Tod. «Ein blöder Seich», sagt er. Max seinerseits holte inzwischen einen silbernen Revolver, den er aber vor der Türe fallen gelassen habe, und kehrte erneut nach draussen zurück, diesmal mit einem Brotmesser bewaffnet und der Drohung, Pascal abstechen zu wollen.

 

So stehts im Strafbefehl, den Max anficht. Und Pascal? Vor Gericht sagt er, der den Strafbefehl für seinen Beitrag an der Sache akzeptiert hat, er habe bloss von anderen gehört, dass Max mit Waffen gedroht haben soll: «Ich war weit genug weg und sah nicht, was er in der Hand hielt.» Und an Leib und Leben bedroht habe er sich nicht gefühlt.

Hier kommt Gerichtspräsident Daniel Aeschbach ins Spiel: Ob Pascal sich auch schon einen Rückzug des Strafantrags bezüglich Drohung und einfache Körperverletzung überlegt habe? Sein Ja ist deutlich. Die Verhandlung wird ein erstes Mal unterbrochen, um Max und seinem Verteidiger die Möglichkeit zu geben, sich über die Bedingungen klar zu werden. Es geht auch um die Kosten.

Während der Rückzug wegen Drohung und einfacher Körperverletzung leicht möglich ist, steht noch die Widerhandlung gegen das Waffengesetz durch unsorgfältiges Aufbewahren von Waffen durch Private im Strafbefehl. Dazu hat Pascal nichts zu sagen. Der Verteidiger von Max besteht darauf, dass auch dieser Straftatbestand, ein Offizialdelikt, fallengelassen wird. Dies nach einer zweiten kurzen Unterbrechung der Verhandlung. Max erklärt, die Waffe habe in einem Tresor gelegen, 321 Kilo schwer, mit einem Zahlenschloss versehen, dessen Kombination nur er kenne. Genauere Untersuchungen dieses Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft liegen nicht vor. Der Gerichtspräsident spricht Max – in dubio pro reo – in diesem Punkt frei. In Bezug auf die Drohung und einfache Körperverletzung wird das Verfahren mit dem Rückzug der Klage eingestellt.

Eintrag ins Strafregister bleibt ihm erspart

Wer aber soll das bezahlen? Für Pascal entstehen keine Kosten. Max aber muss die Hälfte der Parteikosten von gut 9000 Franken und die Hälfte der Gerichtskosten, 521.85 Franken, übernehmen, aber keine Anklagegebühren. Die andere Hälfte übernimmt der Staat. Damit bezahlt Max mehr, als der nun hinfällige Strafbefehl vorgesehen hätte (3315 Franken plus eine bedingte Geldstrafe von 8400 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren), doch bleibt ihm ein Eintrag im Strafregister erspart. Die Staatsanwaltschaft kann gegen das Urteil Berufung einlegen. Ob Max und Pascal sich je wieder grün werden? Immerhin haben sie sich nach der Gerichtsverhandlung per Handschlag verabschiedet.