Sie sind hier: Home > Aargau > «Ich verlasse das Gemeindehaus mit erhobenem Haupt» – Paul Huwiler zieht Bilanz über 16 Jahre im Gemeinderat

«Ich verlasse das Gemeindehaus mit erhobenem Haupt» – Paul Huwiler zieht Bilanz über 16 Jahre im Gemeinderat

Gerne hätte Paul Huwiler (Die Mitte) noch eine Amtsperiode im Wohler Gemeinderat angehängt. Am 26. September hat er mit 1606 Stimmen das Absolute Mehr von 1461 Stimmen auch problemlos erreicht. Doch Denise Strasser (FDP) hat ihn um 235 Stimmen überflügelt und ihn damit aus dem Gremium gedrängt, in dem er seit 2006 mitgearbeitet hat. Die Abwahl hat ihn geschmerzt, doch nicht gebrochen. Er sagt:

«Ich bin überzeugt, dass ich gute Arbeit gemacht und einen ansehnlichen Beitrag zur Entwicklung von Wohlen geleistet habe. Das Gemeindehaus darf ich Ende Jahr mit erhobenem Haupt verlassen.»

Das bestätigen jene, die sein Wirken aus nächster Nähe verfolgt haben: Paul Huwiler sei ein Macher, ein richtiges Alphatier, und habe ein riesiges Engagement an den Tag gelegt. Weiter sei er ein Teamplayer, der Kritik ernst nehme und sein eigenes Handeln laufend hinterfrage.

Verschiedene Gründe haben zur Abwahl geführt

Huwiler hat nicht direkt mit der Nicht-Wiederwahl gerechnet, sie aber nicht ausgeschlossen: «Meine Partei war bisher mit zwei Sitzen im Gemeinderat übervertreten, die FDP hat – für mich nachvollziehbar – alles darangesetzt, wieder ins Gremium einziehen zu können», erklärt er. Ein weiteres Thema sei die Frauenfrage gewesen. Eine Rolle hätten letztlich auch diverse, aus dem Hinterhalt abgeschossene Giftpfeile gespielt: «Vor allem in der Lokalpresse wurde im Zusammenhang mit meiner Wahl viel über die Notwendigkeit neuer, unverbrauchter Kräfte im Gemeinderat schwadroniert. Das hat mir sicher nicht geholfen», sagt Huwiler.

Auf die Frage, ob die gegen ihn lancierte Kampagne ihren Ursprung auch in (noch) offenen Rechnungen gehabt haben könnte, sagt er: «Sicher bin ich als Gemeinderat der einen oder anderen Person auf die Füsse getreten. Das bereue ich keineswegs. Wer das nicht tut, wenn es die Situation erfordert, gehört nicht in ein solches Amt.»

Gemeindeammann Arsène Perroud (links) und Paul Huwiler haben sehr gut zusammengearbeitet.

Paul Huwiler engagiert sich seit seiner Jugend für die Öffentlichkeit. Als Lehrling war er an der Organisation des Open Airs Muri beteiligt und später über Jahre treibende Kraft hinter dem einst legendären Wohler Chile-Fäscht. Nach vier Jahren im Einwohnerrat wurde er 2005 in den Gemeinderat gewählt. Vorerst hatte er nicht kandidiert. Doch als die damaligen CVP-Gemeinderatsmitglieder Marianne Piffaretti und Erwin Meier im ersten Wahlgang das Absolute Mehr verpassten, lancierte ihn die Partei kurzfristig für den zweiten Wahlgang.

Er hat das Engagement in der Behörde nie bereut

Sein Engagement habe er nie bereut, blickt Paul Huwiler zurück. Es seien intensive und anstrengende, aber auch überaus spannende Jahre gewesen. Er ist überzeugt, aus seinem Verantwortungsbereich einige Erfolge vorweisen zu können: «Die neuen Führungsstrukturen der Schule sind aufgegleist und starten am 1. Januar 2022. Die Volksschule ist bestens aufgestellt. Ebenso bewährt sich das IT-Konzept von 2020, das wir weit vorausschauend geplant und realisiert haben und an dem sich andere Schulen ein Beispiel nahmen. Auch bei den Tagesstrukturen haben wir im Vergleich die Nase vorn.»

Mit einem Wermutstropfen behaftet ist für ihn die Schulraumplanung, bei der er bis vor vier Jahren federführend gewesen ist. Mit dem Pilatus-Projekt ist er 2015 im Einwohnerrat knapp gescheitert. Das Zünglein an der Waage spielte seine eigene Partei. «Ich bin nach wie vor überzeugt, das wäre von den Kosten und der Umsetzung her die optimalste Variante gewesen. Jetzt zahlen wir allein für die Provisorien, die während der Realisierung des Projekts Halde nötig sind, gleich viel, wie wir damals für das Oscosa-Areal hätten bezahlen müssen.» Er legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass er den damals rein emotional gefällten Entscheid akzeptiere und hinter dem heutigen Projekt voll und ganz stehe.

Badisanierung und Eisbahn-Neubau waren ein Kraftakt

Stolz ist Paul Huwiler auf Badi und Eisbahn. Bei diesen komplexen Projekten hat er an vorderster Front mitgewirkt. «Im Rückblick war es ein einziger Kraftakt. Zum einen galt es vorerst, die beiden beteiligten Bauherren – Eisbahn Wohlen Genossenschaft und Gemeinde Wohlen – unter einem Dach zu vereinen, was wir mit der Gründung einer einfachen Gesellschaft gemacht haben. Dann ging es darum, Sanierung und Neubau so zu planen, dass weder Eisbahn noch Badi eine ganze Saison schliessen mussten. Das haben wir geschafft. Mit dem, was entstanden ist, bin ich nach wie vor äusserst zufrieden», erklärt er.

Auch mit dem Christoph Weibel (rechts), dem Geschäftsführer der Gemeinde Wohlen, hat Paul Huwiler eng und gerne zusammengearbeitet.

Im Rückblick dürfe man Fragen stellen, erklärt Paul Huwiler. Zum Beispiel jene, ob die Gründung einer Aktiengesellschaft für den Bau und den Betrieb der richtige Weg gewesen sei. Aber insgesamt erachte er die aktuell anhaltende Kritik am Projekt als überzogen: «Statt sich über das zu freuen, was geschaffen worden ist, sucht man das Haar in der Suppe», sagt er und betont: «Die Realisierung ist gut verlaufen und der Betrieb läuft ebenfalls gut, abgesehen von Sondereffekten wie Corona.» Er fügt hinzu:

«Als Fazit kann man festhalten, dass die Gemeinde Wohlen zu vertretbaren Kosten ein sportliches Kleinod geschaffen hat, das seinesgleichen weit und breit sucht.»

Zwei vergebliche Anläufe als Ammann

Paul Huwiler hat nach der Suspendierung und der späteren Entlassung des damaligen Ammanns Walter Dubler durch den Regierungsrat die Gemeinde als Vizeammann über zwei Jahre lang geführt. Selber Gemeindeammann zu werden, ist ihm in zwei Anläufen nicht gelungen. Hat das bei ihm Spuren hinterlassen? «Ich denke, das habe ich gut weggesteckt. Wenn man für ein Amt kandidiert, muss man damit rechnen, dass man nicht gewählt wird.»

Auf die Zeit als Gemeindeammann ad interim blicke er jedoch mit Genugtuung zurück: «Es war sehr belastend, aber es war auch sehr spannend. Wir haben damals die Grundlage für die heutige Verwaltungsorganisation geschaffen und diese in lediglich zwei Jahren realisieren können.»

Vom Führungsmodell sei er nach wie vor überzeugt, doch das Konzept würde er im Rückblick ändern: «Wir haben den Gemeinderat von sieben auf fünf Mitglieder und das Gemeindeammann-Amt von 100 auf 80 Prozent reduziert. Aktuell sind wir die kostengünstigste Wohler Behörde seit je. Doch das wird vom Einwohnerrat nicht geschätzt, wie die Diskussion um die Gemeinderatsbesoldung zeigt. Man ist nicht bereit, den zusätzlichen Aufwand, der durch die Abschaffung der Schulpflege anfällt, abzugelten.»

Doch Paul Huwiler hat bald andere Sorgen. Er hat für den Gemeinderat beruflich, insbesondere in der Zeit als Gemeindeammann ad interim, stark zurückgesteckt. Die Gemeinderatsbesoldung war Teil seines Einkommens. Mit 60 Jahren muss er sich jetzt noch einmal neu orientieren und seine Existenz sichern: «Irgendwie geht es weiter», sagt er und zieht trotz allem eine positive Bilanz über seine Zeit in der Wohler Behörde: «Ich durfte Wohlen über Jahre an vorderster Front mitgestalten und habe dabei einiges erreicht. Aber nicht nur ich habe der Gemeinde Wohlen gutgetan, sondern sie auch mir.»

Der Wohler Gemeinderat Paul Huwiler liebt das Velofahren. Hier sieht man ihn mit Gattin Gisela auf der bbz-Radtour vom Freiamt an die Adria im Juni 2019.

Paul Huwiler wird nicht von der öffentlichen Bildfläche verschwinden. Neben dem Gemeinderat hat er sich über all die Jahre auch in verschiedenen anderen Ämtern engagiert. Einige wird er weiterhin ausüben. Unter anderem jenes als Präsident des Vereins St.Leonhard, der Trägerorganisation des Chappelehofs. Dieser steht vor einer umfassenden Sanierung, so wird der Einsatz von Macher Huwiler auch weiterhin gefragt sein.