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«Schürmatt» will neu bauen – nicht nur auf der grünen Zetzwiler Wiese, sondern auch mitten in Gontenschwil

Die Stiftung Schürmatt will in Gontenschwil einen neuen Standort bauen, mit Wohnraum für Erwachsene und Kinder und mit Werkstätten für Tagesplätze. Das Land dafür hat sie mitten im Dorf gefunden, neben der Peugeot-Garage an der Dorfstrasse. Die Landeigentümerin, die Römisch-katholische Kirchgemeinde Menziken-Reinach, will das Grundstück im Baurecht für 70 Jahre und einem Baurechtszins von jährlich knapp 27’000 Franken an die «Schürmatt» abgeben. Die Genehmigung durch die Kirchgemeinde ist noch ausstehend, sie ist für die ausserordentliche Versammlung vom 7. Dezember traktandiert.

Als die ersten Gebäude der «Schürmatt» (damals noch als Kinderheim) gebaut wurden, mitten in den Sechzigerjahren, suchte man für die Betreuung der beeinträchtigten Kinder die Abgeschiedenheit. Mitten auf der grünen Wiese wurden Wohn- und Schulgebäude gebaut, dazu Gebäude mit Administration, Küche und Wäscherei, weit weg von allem.

Die Wohnbauten stammen aus den Sechzigerjahren und entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen.

Heute betreibt die Stiftung 15 Standorte in zehn Orten, von Densbüren bis Reinach. «Homebase» geblieben ist aber Zetzwil. Und hier stehen die Gebäude aus den Anfangszeiten noch immer. Dank verschiedener Um- und Anbauten bieten sie mitunter Wohnplätze für 54 Erwachsene und 24 Kinder und Jugendliche, dazu kommen 60 Beschäftigungsplätze und zwölf geschützte Arbeitsplätze.

Doch die Gebäude sind in die Jahre gekommen, Fenster, sanitäre Anlagen und Haustechnik sind veraltet, die Grundrisse passen nicht mehr, die einst für Kinder gebauten Räume sind für Erwachsene zu klein, die Wirtschaftlichkeit ist nicht mehr gewährleistet. Die Gebäude müssen ersetzt werden, sagt Werner Sprenger, Direktor der Stiftung: «Wir können sie nicht erweitern, das wäre weder energetisch noch finanziell sinnvoll.»

Kein Ausbau, sondern ein Verteilen

Mit einem Ersatz ist der Schritt in die Moderne aber nicht getan. Denn während man Menschen mit einer Beeinträchtigung in den Sechzigern von allem fernhielt, verfolgt man heute das Ziel, diese Menschen bestmöglich zu integrieren, ihre Selbstständigkeit zu fördern. So will es nicht nur die UNO-Behindertenrechtskonvention, so sind auch die Auflagen des Kantons. Für die «Schürmatt» heisst das: Ein Teil der Gebäude wird in einer Gemeinde an zentralster Lage mit einfachem Zugang zu öffentlichem Verkehr, Lebensmittelläden und Restaurants neugebaut.

Darum geht es in Gontenschwil: Hier sollen auf der Wiese an der Dorfstrasse fünf Wohnungen mit 30 Wohnplätzen sowie 30 Beschäftigungsplätze entstehen, ein zweiter Standort für weitere 18 Wohn- und 34 Beschäftigungsplätze wird noch gesucht. Aufgegeben wird der Hauptstandort Zetzwil nicht, auch hier wird neu gebaut. Aber er soll redimensioniert werden, von heute insgesamt 78 Wohnplätzen auf 30, von 60 auf 24 Beschäftigungsplätze. Kurz: Aus einem Standort werden drei. «Zetzwil ist der optimale Ort für Menschen, die viel Raum, eine reizarme Umgebung und einen hohen Betreuungsrahmen brauchen», sagt Sprenger. Und er hält fest: «Wir bauen nicht aus, wir verteilen.» An der Zahl von 78 durch den Kanton bewilligten Wohnplätzen für Zetzwil ändert sich nichts.

Zetzwil ist und bleibt «Homebase» der Stiftung.

Einst als Landreserve für Kirchenbau gekauft

Das Grundstück in Gontenschwil ist gut 5000 Quadratmeter gross. Ursprünglich kaufte es die Kirchgemeinde in den Siebzigerjahren, um hier – sollte es das damals prognostiziertes Bevölkerungswachstum bedingen – eine Kirche zu bauen. Doch so weit ist es nie gekommen, das Land wird aktuell an einen Landwirt verpachtet. «Wir hatten immer wieder Anfragen von Architekten, ob wir das Land nicht verkaufen wollten», sagt Roland Hunkeler, Präsident der Kirchgemeinde. Aber das sei nie im Interesse der Kirchgemeinde gewesen, es habe das Sinnstiftende gefehlt. Bis jetzt. «Es wäre uns eine grosse Freude, das Land der Stiftung Schürmatt im Baurecht abzugeben», sagt Hunkeler. «Diese Menschen gehören nicht an den Dorfrand, sie sollen unter uns leben und wir unter ihnen.»

Das Grundstück in Gontenschwil sei ein Glücksfall für die «Schürmatt», sagt auch Sprenger. «Umso mehr freut es uns, dass wir mit der katholischen Kirchgemeinde einen Partner gefunden haben, der grosses Interesse an unserer Idee hat.»