Zum Arbeiten nach Deutschland: Aargauer Arbeitslose sollen sich ennet der Grenze bewerben

«Wohnen in der Schweiz – Arbeiten als GrenzgängerIn in Deutschland». Unter diesem Titel hat das Amt für Wirtschaft und Arbeit knapp 150 Stellensuchende im Aargau zu einem Infoanlass eingeladen, der nächste Woche in Brugg stattfindet. Interessierte erfahren, wie der Arbeitsmarkt in Deutschland funktioniert und welche Fachkräfte gesucht sind. Das Aargauer Amt für Arbeit spannt dabei mit jenem des Kantons Basel-Stadt zusammen, das ebenfalls einen Infoanlass durchführt. «Es handelt sich um einen Versuch», sagt Isabelle Wyss, Leiterin Sektion Arbeitsmarktliche Integration beim Kanton Aargau. Sie könne das Interesse nicht abschätzen und lasse sich überraschen. Pro Woche gebe es aber mindestens eine Anfrage von Personen, die in Deutschland eine Stelle angenommen und nun noch Fragen hätten.

Die Arbeitslosenquote im Aargau hat Ende April 2,5 Prozent betragen. Im Vergleich zum Vormonat ist sie um 0,1 Prozentpunkte gesunken, wie das Departement Volkswirtschaft und Inneres mitteilt. Insgesamt waren 9225 Personen als arbeitslos gemeldet. Die Zahl der Stellensuchenden hat um 187 Personen abgenommen und lag im April bei 15 325 Personen. Die Arbeitslosenquote im Bundesland Baden-Württemberg ist mit 3,1 Prozent höher. Das liegt daran, dass in Deutschland anders gerechnet wird. Die Schweizer Statistik ist geschönt. Ausgesteuerte erscheinen nicht.

Offener gegenüber Älteren

Wyss sagt denn auch, dass der Arbeitsmarkt im Süddeutschen gut sei, vor allem in der Hotellerie, Logistik oder im Handel. Vor allem für Stellensuchende über 50, für die sich die Jobsuche in der Schweiz am schwierigsten gestaltet, kann Deutschland attraktiv sein. Im Aargau brauchten sie im Durchschnitt 328 Tage, um eine Stelle zu finden. «Deshalb haben wir die Einladung zum Infoanlass vor allem an über 50-Jährige verschickt, die seit längerer Zeit auf Stellensuche sind», sagt Wyss. Denn anders als in der Schweiz spiele das Alter in Deutschland eine weniger wichtige Rolle. Ennet der Grenze seien Arbeitgeber gegenüber älteren Mitarbeitenden offener.

 

Die Einladung zum Infoanlass ist nicht bei allen Angeschriebenen gut angekommen. Christian Schaub, arbeitsloser Speditionskaufmann aus Basel, findet das System «krank», wie er dem «Blick» sagte. Er sieht keinen Grund, warum er in Deutschland arbeiten sollte. Er findet, die Arbeitgeber sollten viel mehr in die Pflicht genommen werden, zuerst Schweizer anzustellen, bevor sie jemandem aus der Grenzregion einen Job verschaffen.

Im Aargau habe es nur vereinzelt Rückmeldungen auf die Einladung gegeben, sagt Wyss. Das Angebot sei «absolut freiwillig», betont sie. Die Einladung sei auch genau so formuliert. «Sie ist unverbindlich, es wird keine An- oder Abmeldung verlangt.»

Dennoch kann sie die Kritik verstehen. «Für die Betroffenen ist es schwierig, die Themen separat zu betrachten», sagt Wyss. Das eine sei aber ein politischer Prozess, auf den sie wenig Einfluss hätten. Das Ziel der Veranstaltung hingegen sei reine Information. «Wir wollen die Stellensuchenden nicht ins Ausland wegvermitteln. Wir wollen ihnen Hoffnung geben und den Suchhorizont erweitern.» Gerade für Menschen, die schon länger auf Jobsuche sind, könne es interessant sein, sich in Deutschland zu bewerben. «Nach vielen Absagen in der Schweiz kann es für das Selbstwertgefühl gut sein.»

Und was ist mit dem Lohn?

Sollten Stellensuchende aus dem Aargau ennet der Grenze einen Vertrag unterschreiben, drängt sich die Frage auf, wie sie in der Schweiz von einem deutschen Lohn leben sollen. Wenn zum Beispiel jemand aus dem Gastgewerbe in der Schweiz knapp 4200 Franken verdient hat, bezahlt ihm die Arbeitslosenversicherung 70 bis 80 Prozent dieses Lohnes, also maximal 3360 Franken pro Monat. In Deutschland verdient ein Gastromitarbeiter knapp 2700 Franken. Wyss beruhigt. Sei der Lohn tiefer, könne er als Zwischenverdienst verbucht werden. «Das heisst, die Leute bleiben weiterhin bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet und erhalten Kompensationszahlungen.» Das sei zwar nicht unbefristet möglich, aber doch während zwölf Monaten. Für Versicherte über 45 sowie für Versicherte mit Unterhaltspflicht gegenüber Kindern unter 25 Jahren sogar 24 Monate.

Ob und wie viele Aargauerinnen und Aargauer in Deutschland arbeiten, kann Wyss nicht sagen. Es gebe keine Statistik. «Es sind aber sicher nicht viele.» Im Kanton Basel-Stadt dürften es im Fünf-Jahres-Schnitt rund 370 Personen sein, die nach Deutschland pendeln, wie die «bz Basel» berichtete.