
«Zweiter Lockdown würde Leute verunsichern»: Urs Hofmann über Masken und Härtefälle
Urs Hofmann, die zweite Welle ist da. Was bedeutet sie in Verbindung mit den getroffenen Massnahmen für die Aargauer Wirtschaft?
Urs Hofmann: Vorneweg ist festzuhalten: Die zweite Welle trifft uns gleich wie die ganze Schweiz. Allerdings sind besonders exponierte Branchen, wie der Tourismus oder die Gastronomie, bei uns weniger zentrale Faktoren der Wertschöpfung. Entscheidend wird sein, ob man weiterhin arbeiten kann. Sei es von zu Hause oder im Büro.
Aber die Situation ist angespannt.
Ja, das ist sie. Aber es gibt ja zum Glück praktikable Möglichkeiten, damit umzugehen. Zum Beispiel die Maskenpflicht, die ich für zumutbar halte. Die Leute gehen auch mit Maske im Aargau einkaufen, zumal keine Alternativen in benachbarten Kantonen oder im grenznahen Ausland bestehen. Ich bin nicht allzu pessimistisch, solange es nicht zu noch drastischeren Massnahmen wie Schliessungen von Geschäften und Restaurants kommt.
Sie rechnen also, Stand heute, nicht mit einer zweiten Kurzarbeitswelle.
Ich glaube, die Wirtschaft hat sich nach den Erfahrungen im letzten Frühling an vieles gewöhnt und sich darauf eingestellt. Damals war der Schock gross. Ähnliches hatte man noch nie erlebt. Viele Firmen haben sich für Kurzarbeit angemeldet, weil sie mit dem Schlimmsten gerechnet haben, aber haben letztlich nie Entschädigungen bezogen.
Was, wenn die jetzt beschlossenen Massnahmen nicht reichen?
Ein zweiter Lockdown würde die Leute verunsichern, und Kurzarbeit würde wieder stark zunehmen. Entscheidend wäre, ob die Betriebe offenbleiben können. Aber wir sind besser vorbereitet als im Frühjahr. Auch dank der jetzt vorhandenen Maskenreserven.
Für Bars und Klubs ist die Maskenpflicht eine schwerwiegende Einschränkung. Vor allem in Kombination mit den anderen Massnahmen: nur 50 Menschen in einem Raum, Sitzpflicht. So kann ein Ausgehlokal auf Dauer kaum überleben.
Besonders schlimm ist es nach wie vor auch für die Eventbranche, die Reisebüros, den Kulturbereich oder die Schausteller. Für all diese stark betroffenen Branchen braucht es aus meiner Sicht weiterhin Stützungsmassnahmen.
Was tun Sie, ausser mitzufühlen?
Der Bund und die Kantone sind daran, eine Verordnung zur Umsetzung der Härtefallregelung im Covid-19-Gesetz zu erarbeiten. Diese würde Massnahmen für die besonders stark betroffenen Branchen ermöglichen, wobei eine gemeinsame Finanzierung durch Bund und Kantone vorgegeben ist. Ich bin überzeugt, dass der Aargau mitziehen muss. Allerdings werden wir damit nicht allen helfen können. Wer schon vor der Coronakrise Mühe hatte, wird wohl kaum gerettet werden können.
Wie beurteilen Sie den medizinischen Fortschritt?
Ich bin kein Fachmann und kann das auch nur aufgrund der Informationen beurteilen, die ich aus den Medien habe. Aber im Frühling war man doch eher hilflos. Unterdessen gibt es nach Einschätzung der Ärzte bessere Behandlungsmöglichkeiten.
Sie erkrankten damals selbst. Wie hat man Sie behandelt?
Ich habe damals noch das Mittel Hydroxychloroquin bekommen, das heute nicht mehr verabreicht wird. Offenbar beginnt man heute tendenziell früher mit einer medikamentösen Behandlung, und es werden geeignetere Medikamente abgegeben.
Urs Hofmann: «Ich persönlich ziehe die Maske an, wenn ich mein Einzelbüro verlasse.»
© Alex Spichale
Wie sieht es eigentlich bei Ihnen in der Kantonsverwaltung mit Maskenpflicht aus?
Ziel muss es sein, beim Kanton eine möglichst einheitliche Vorgabe zu haben. Der Regierungsrat wird sich demnächst damit befassen. Ich persönlich ziehe die Maske an, wenn ich mein Einzelbüro verlasse. Auch an Sitzungen tragen wir Masken. Verschiedene Abteilungen, vor allem auch die Polizei, haben jetzt schon eine weitgehende Maskenpflicht eingeführt. Dort, wo alle in Einzelbüros sind, ist das weniger ein Thema.
Gab es ausser Ihnen selbst weitere Erkrankte in Ihrem Departement?
Ja, unter anderem bei der Polizei inklusive dem Polizeikommandanten, das ist bekannt. Es gab auch sonst einzelne Fälle. Aber einen grösseren Ausbruch der Krankheit hatten wir bisher zum Glück nicht.
Sie sind ein grosser FC-Aarau-Fan. Gehen Sie am Samstag ans Spiel gegen Xamax?
Man muss sich für die neuen Sitzplätze online registrieren. Unsere Familie hat zwei Saisonkarten. Ich hoffe, dass es mit der Bewilligung bis Samstag klappt. Beim letzten Heimspiel gegen Chiasso war ich jedenfalls dabei. Damals noch auf einem Stehplatz. Da eine andere Veranstaltung am Samstagabend abgesagt wurde, werde ich wenn möglich gegen Xamax auf dem Brügglifeld sein.
Was halten Sie vom Entscheid des Berner Regierungsrats, bei Spielen nur 1000 Zuschauer zuzulassen?
Ich würde die neue Regelung vorerst laufen lassen und nicht schon wieder alles stoppen wie die Berner. Dies vor allem auch, weil die Fussballspiele im Freien stattfinden. Zudem wird es eine gewisse Selbstregulierung geben, die Leute werden kaum in Scharen aufmarschieren. Apéros sind heimtückischer als ein Spiel des FCA vor 2500 Leuten auf Sitzplätzen. Und wichtig: Es gilt Maskenpflicht, und alle Auflagen der Kantonsärztin wären einzuhalten.
Und wenn sich die Situation dann verschärft?
Dann müsste natürlich eine Neubeurteilung erfolgen. Aber das würden die Leute auch verstehen.