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Status quo ist keine Option: Ständerat ritzt am Gentech-Moratorium

Ende Juni präsentierte die Landesregierung den Plan, das GVO-Moratorium um weitere vier Jahre bis 2025 zu verlängern – bereits zum vierten Mal seit das Stimmvolk 2005 eine Volksinitiative angenommen hat. Nach Ansicht des Bundesrates besteht weiterhin weder seitens der Landwirtschaft noch bei den Konsumenten ein Interesse daran, das Moratorium aufzuheben.

Jein, findet nun der Ständerat. Er hat sich am Donnerstag zwar dafür ausgesprochen, das Verbot bis 2025 weiterzuführen. Anders als der Nationalrat lehnt er jedoch ein striktes Moratorium ab. Gentechnisch veränderten Organismen, denen kein transgenes Erbmaterial eingefügt wurde, sollen davon ausgenommen werden können. Der Entscheid fiel denkbar knapp – mit 22 zu 21 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Den Ausschlag gab Ständeratspräsident Thomas Hefti (FDP/GL).

Auch verlangt der Ständerat vom Bundesrat einen Bericht über die Möglichkeiten, damit Züchtungsverfahren mit Genom-Editierungsmethoden wie Crispr vom Moratorium nicht betroffen sind. Bei der Genom-Editierung durchschneiden Forscher im Genom das Erbgut, um die gewünschten Änderungen einfügen zu können.

Sorge um Forschungsstandort

Dieser Schritt sei eine «moderate, vorsichtige Öffnung», betonte Hannes Germann (SVP/SH) im Namen der Kommission. Für die Forschung seien die neuen Verfahren von grosser Bedeutung. In den Augen von Andrea Gmür (Die Mitte/LU) kommt das bald zwanzigjährige Moratorium einem «Denkverbot» gleich. Dadurch würden Schweizer Wissenschafter geradezu in andere Länder vertrieben. «Sie machen auch nicht jahrelang Skigymnastik, ohne auf den Brettern zu stehen.» Bei der Gentechnik gelte es «endlich» auch die Chancen zu sehen, statt nur die Risiken.

Mit dem Entscheid zeigt sich die kleine Kammer fortschrittlicher als der Nationalrat. Dort war in der Herbstsession ein ähnlicher Vorschlag der GLP noch deutlich gescheitert. Auch im Ständerat gab es am Donnerstag kritische Stimmen gegen den Plan, am Status quo zu rütteln.

«Schnellschuss» und viele offene Fragen

Jakob Stark (SVP/TG) warf der Kommission vor, einen «Schnellschuss» abzufeuern. Die Zeit scheine tatsächlich reif zu sein für eine moderate Öffnung. Bei einer so komplexen Materie sei das Vorgehen – ohne Konsultation der involvierten Akteure – jedoch fragwürdig.

Grundsätzlicher argumentierte Maya Graf (Grüne/BL). Die gentechfreie Landwirtschaft sei ein «Erfolgsmodell der Schweiz». Eine Abkehr vom heutigen Verbot würde das Vertrauen in den hiesigen Markt «beschädigen». Graf führte auch die vielen offenen Fragen ins Feld – etwa die Haftungsfragen oder mögliche Risiken für die Umwelt und den Menschen.

Moratorium gilt seit 2005

Der Bundesrat stellt sich nicht prinzipiell gegen eine Lockerung des Moratoriums. Er möchte die Verlängerung bis 2025 dazu nutzen, um das Wissen über die neuen gentechnischen Verfahren zu vertiefen. Dabei soll auch auf die Entwicklungen in der EU eingegangen werden.

National- und Ständerat haben das Moratorium bereits dreimal verlängert – zuletzt bis im Dezember 2021. In der Vernehmlassung war der Vorschlag bei Kantonen und anderen betroffenen Kreisen auf breite Zustimmung gestossen. Seit der Annahme einer entsprechenden Volksinitiative im Jahr 2005 gilt in der Schweiz ein Moratorium für die Verwendung von GVO in der Landwirtschaft. Diese dürfen lediglich zu Forschungszwecken angebaut werden.