
Nur das Verbieten ist noch nicht verboten
Verbotstafeln stehen in der Schweiz – um es vorsichtig auszudrücken – verdammt viele rum. Trotzdem kommen immer neue dazu. Und immer sinnlosere!
Letzte Woche zeigte mir Redaktionskollege Don Nadal das Bild dieser Verbotstafel. Sie steht vor einem neuen Spielplatz am neuen Hirzenbergweg vor neuen Häusern, in den bestimmt viele neue Zofingerinnen und Zofinger wohnen (die in Zürich und Bern arbeiten?). Lange rätselten wir, was man uns – oder noch schlimmer, vierjährigen Kindern – damit sagen will.
Da es nicht auszuschliessen ist, dass manche Eltern ähnlich dumm sind wie Journalisten, möchten wir Ihnen unsere Deutungsversuche nicht vorenthalten. Beginnen wir bei den einfacheren Verboten, also unten links. Ein Verbot, das ziemlich sicher unnötig ist, denn wer nimmt schon leere Flaschen auf einen Spielplatz? Weiter unten rechts: Ebenfalls unnötig! Mit Fahrrädern ohne Speichen kommt man ja nicht mal bis zum Spielplatz, nicht wahr?
In der mittleren Reihe links wird’s schon schwieriger: Kollege Nadal tippt auf ein Robin-Hood-Verbot. Ich bin ehrlich gesagt etwas ratlos. Angesichts der Helmhysterie (angeblich sollten ja bereits Kleinkinder in Velositzen Helme tragen), die in der Schweiz herrscht, warte ich eigentlich schon seit Jahren auf ein Helmobligatorium für Spielplätze. Kollege Wyss bringt allerdings das Argument «Strangulationsgefahr» ins Rennen. Für mich zwar schwer vorstellbar, dass man sich an einem Kinnriemen erhängen kann, aber bei einer Verkettung unglücklicher Zufälle könnte selbst das gelingen. Mitte rechts: Enorm unnötig? Wie soll man auf Kies, Holzspänen oder Rasen Rollschuh laufen können? Oder bei näherer Betrachtung des Piktogramms müsste man eigentlich fragen: Wie soll man in Skischuhen, an die vier Räder montiert sind, Rollschuhlaufen? Oben rechts: Das leuchtet ein, auch wenn es unnötig ist (oder studiert Ihr Hund Verbotstafeln, bevor er auf einen Spielplatz pisst?)
Nun zum grössten Mysterium: Der Schlüssel! Spontan tippte ich auf eine üble Diskriminierung von Schlüsselkindern, so nach dem Motto «Geht nach Hause und wärmt gefälligst erst eure Ravioli auf, bevor ihr hierher spielen kommt!». Dann bemerkten wir die Schnur am Schlüssel. Also schon wieder Strangulationsgefahr? Wahrscheinlich!
Wie paranoid, dumm und hilflos wollen wir eigentlich noch werden? Eigentlich müsste man keine neuen Verbote, sondern stattdessen Pflichten einführen. Begrüssenswert wäre vor allem eine sogenannte «Hirnpflicht». Natürlich für die Erzeuger, nicht für die Kinder! Und wenn’s denn unbedingt ein Verbot braucht, dann ein Handyverbot für die hippen Alten, die dermassen beschäftigt sind mit der Pflege ihrer sozialen Kontakte, dass sie ihre an Kinnriemen und Schlüsselbändern aufgehängten Kinder erst bemerken, wenn sie blau angelaufen sind. Statt eines Handy-Verbots wird es (ähnlich wie nach der Häufung von Selfie-Toten) aber ganz bestimmt bald eine «Spielplatz-App» geben, die einen alle 10 Minuten daran erinnert, dass man Kinder hat, die gerade unter Todesgefahren am Spielen sind.
Lebe wohl, gesunder Menschenverstand!