Erst die Taxirechnung macht die Sauferei richtig teuer

Vor einer Woche war Redaktionsessen angesagt: Ganz zivilisiert ein paar Bierchen stürzen, Fondue essen in der Markthalle (und davor eine Käseplatte, aber das wär dann wieder ein anderes Thema), ein wenig plaudern mit den Kolleginnen und Kollegen, bevor man zeitig wieder den Heimweg antritt – am nächsten Tag wird ja schliesslich gearbeitet.
Kurz vor halb elf befinde ich mich bereits am Bahnhof und siehe da, ein Taxi steht bereit. Das Fleisch ist zwar nicht willig, aber gewiss fähig, die zweieinhalb Kilometer zu Fuss nach Hause zu schaffen, aber der Geist ist schwach, also steuere ich auf das Taxi zu. Mein Handy klingelt. Kollege Ronnie, der eine halbe Stunde vorher aufgebrochen ist, um den Zug Richtung Süden ins gelobte Land zu erwischen, ist dran. Zug fährt nicht, ist schon gefahren, hat Verspätung, jedenfalls steht kein Zug da. Was nun?

Wieder in die Stadt, meint Ronnie. Na gut, a friend in need is a friend indeed, sage ich mir und wir machen uns auf ins Pub4You. Da legt der neue Barbetreiber eines dieser Pads vor uns auf den Tresen, auf dem man jeden erdenklichen Musikwunsch eintippen und direkt über die Anlage abfeuern kann. Ich tippe wie verrückt das allerexotischste Zeug ein und werde richtiggehend euphorisch: das Ding findet wirklich alles! Inzwischen ist ein weiterer Zug ohne Ronnie Richtung Süden abgefahren. Also gut, dann halt noch ein Allerletztes. Irgendwann ist trotzdem Schluss, wir stehen wieder am Bahnhof, Kollege Ronnie steigt in seinen Zug, der tatsächlich losfährt und ich stehe am Taxistand. Es ist Mitternacht. Alleine auf weiter Flur. Ich rufe ein Taxi, ob Burg- oder Bahnhofstaxi weiss ich nicht mehr. Die Stimme sagt: es kommt gleich jemand. Nach 20 Minuten rufe ich wieder an, denn in meinem Rücken stehen zwei Gestalten, die ganz danach aussehen, wie wenn sie ebenfalls auf ein Taxi warten würden. Es ist sonst nicht so meine Art, aber beim zweiten Telefon bin ich etwas eklig drauf, denn ich will verflucht nochmal einfach nur eines: Heim!

Zehn Minuten später kommt das Taxi. Die Frau hinter dem Steuer ist sichtlich erfreut, einen verwilderten Chlausenbart mit Bierfahne befördern zu dürfen. Sekunden nach dem Start höre ich leise, aber deutlich einen ganz geilen Apollo 440-Song im Radio. Heute scheint mein musikalischer Glückstag zu sein! Ich stiere eine Weile auf die vielen, bläulich schimmernden Knöpfe, bevor ich beherzt auf denjenigen drücke, den ich für den Lautstärkeregler halte. Ein orkanartiges Rauschen erfüllt das Taxi. Die Lüftung! Natürlich will ich sie sofort wieder ausschalten, aber die Hand der Taxifahrerin fährt dazwischen. Finger weg! Es wird nicht an den Geräten herumgefummelt! Die restlichen drei der vier Fahrminuten verbringe ich damit, mit unentwegt und absolut übertrieben unterwürfig zu entschuldigen. Dann hält das Taxi vor unserem Haus. Ich ziehe den Kopf ein und warte auf die redlich verdiente Tracht Prügel. Die Frau sieht mich nur streng an. Dann öffnet sich ihr Gesicht einen schmalen Spalt breit. Schallwellen kommen mir entgegen. Ich verstehe «Achtzehnfünfzig». Ich runde aufs nächste Jahrtausend auf – warum, das weiss der Teufel! – und steige aus. Dann fluche ich bestimmt 10 Sekunden lang wüst und laut: «So etwas tu ich mir verdammt noch mal NIIEEE mehr an!»

Jetzt, eine Woche später, als ich das aufschreibe, wird mir klar, dass ich gar nicht weiss, was genau ich mir nie mehr antun wollte. Am Mittwoch zu viel Bier trinken oder Taxifahren?