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Covid-Gesetz: Massnahmenkritiker geben sich noch nicht geschlagen – Sieger sehen Vertrauensbeweis

Trotz dem deutlichen Verdikt des Stimmvolks beim Covid-Gesetz kommt bei den Verlierern keine richtige Katerstimmung auf. Von einem «Achtungserfolg beim Stimmvolk» spricht die Bewegung Mass-Voll in einer Mitteilung. Sie zweifeln gar an der Rechtsmässigkeit des Urnengangs: So sei die Fragestellung auf dem Abstimmungszettel «manipulativ und offensichtlich irreführend» gewesen. Darum und wegen weiterer Unstimmigkeiten würden sie das «Ergebnis des Urnengangs als nicht legitim und für uns nicht bindend» werten.

Deutlich mehr Demokratieverständnis legt Josef Ender, Sprecher des «Aktionsbündnis Urkantone», das das Referendum mitorganisiert hat, an den Tag. Er sagte gegenüber Radio SRF, sie würden die Niederlage «akzeptieren». Er zeigte sich enttäuscht und machte unter anderem «Falschinformationen auf dem Stimmzettel» für die deutliche Niederlage verantwortlich. Insgesamt, so Ender, gehe die «massnahmenkritische Bewegung aber gestärkt aus dem Abstimmungskampf.» Zahlreiche neue Mitglieder seien hinzugekommen und sie würden auch weiterhin eine politische Kraft bleiben.

«Dem Bundesrat rote Linie aufzeigen»

Als einzige gewichtige Partei hat die SVP das Referendum unterstützt. Die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher wehrte sich im Interview mit Radio SRF dagegen, dass es eine Niederlage für die SVP sei. Vielmehr sei es «eine Niederlage der geeinten Gesellschaft». An der Wintersession werde sich ihre Partei wehren gegen weitere Verschärfungen. «Wir wollen dem Bundesrat eine rote Linie aufzeigen, bis wohin er das Zertifikat verwenden darf», so Bircher. Explizit wehre sie sich gegen eine Ausweitung auf 2G (genesen oder geimpft).

Bundesrat Alain Berset an der Medienkonferenz in Bern am Sonntag.

Bundesrat Alain Berset sprach an der Medienkonferenz von einem «deutlichen» Ergebnis. Es sei ein starkes Zeichen. Er sagte auch, dass die Regierung «nicht ohne Grund» weitere Massnahme beschliessen würde. Die neuerliche Virusmutation Omrikon sei «sehr unerfreulich», so Berset. Derzeit lägen aber noch zu wenig Informationen über die Ansteckungsgefahr und die Resistenz gegen Impfstoffe vor. Berset rief die Bevölkerung zur Einheit auf. Es brauche den Zusammenhalt. «Wir haben einen gemeinsamen Feind: Das Virus», so Berset.

«Die Wut passt nicht zur Schweiz»

Diesem sind «unsere Debatten komplett egal», sagte der Bundesrat. Die Tonalität, die Gehässigkeiten und die Wut im Abstimmungskampf passten nicht zur Schweiz. Es gehöre aber dazu, dass Niederlagen als Niederlagen akzeptiert würden. «Ich habe als Parlamentarier und Stimmbürger auch schon Abstimmungen verloren. Das gehört zu unserem System», so Berset. Ob bald auch der Bund neue Massnahmen ergreife, sagte er nicht. Die derzeitige epidemiologische Situation sei aber «nach wie vor angespannt.»

Bereits im Abstimmungskampf waren die Befürworter der Vorlage deutlich ruhiger. Und auch nach dem Erfolg will bei ihnen keine Übermut aufkommen. Sowohl Economiesuisse und der Arbeitgeberverband freuten sich in Mitteilungen über den «Vertrauensbeweis für die Schweizer Corona-Politik» mahnten aber gleichzeitig an, die Instrumente wie das Zertifikat «weiterhin verantwortungsvoll einzusetzen». Das klare Ja sei auch eine Bestätigung für die Politik für Alain Berset, sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth Radio SRF.

«Gräben sollen zugeschüttet werden»

Von einem «pragmatischen, aber enorm wichtigem Ja», sprechen die Grünen in einer Mitteilung vom Sonntag. Die Partei erwarte nun von den Gegnerinnen und Gegner, «dass sie dieses demokratische Ergebnis akzeptieren und dazu beitragen, dass die Schweiz zu einer gesunden Diskussionskultur zurückfindet.» In eine ähnliche Kerbe schlug auch FDP-Präsident Thierry Burkart. Nun müssten bestehende Gräben zugeschüttet werden und gemeinsam Lösungen gesucht werden, sagte er gegenüber Radio SRF.

Aus Angst vor Ausschreitungen wurde in Bern am Sonntag auch der Bundesplatz abgesperrt. Wie mehrere Medien berichten, waren in mehreren Chats von Massnahmenkritikern der Aufruf kursiert, im Falle einer Abstimmungsniederlage nach Bern zu reisen und dort zu demonstrieren. Bei den Protesten gegen die Politik des Bundesrats ist es in jüngster Zeit auch zu Ausschreitungen gekommen – die grosse Mehrheit der Kundgebung verlief allerdings friedlich.