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Monika Dietschi: Sie musste als Diensthundeführerin nie ein Kommando mit der Stimme geben

Überall in der Wohnung hat es Bilder von Hunden, gerahmt, auf Tellern, auf Pokalen und Gläsern. Es sind Berner Sennen und Malinois (Belgische Schäferhunde). Monika Dietschi, Diensthundeführerin der Securitas Solothurn im Ruhestand, hat den grössten Teil ihres Lebens mit Hunden verbracht, sowohl mit der Zucht als auch der Ausbildung. Daneben gab sie Hundeschule.

Über 100 Tiere sind durch ihre Hände gegangen. In verschiedenen Polizeikorps und beim Militär hätten einzelne der Tiere Preise errungen. Beiläufig erwähnt sie das. Doch heute, im Alter von knapp 70 Jahren, hat Dietschi keinen Hund mehr.

«Ich hätte nie aus emotionalen Gründen einen Hund. Ein Begleittier zu haben, wäre mir nicht genug», sagt sie. «Ein Hund muss bei mir vollständig ausgebildet sein, als Dienst- oder Schutzhund und das bedeutet jedes Mal zwei Jahre intensiver, täglicher Arbeit.» So endete für Dietschi eine 53-jährige Ära, als vor bald zwei Jahren ihre Dolly starb.

Früher nur drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht

Inzwischen ist Dietschis Leben anderweitig ausgefüllt. Sie geht oft Velo fahren und im Sommer schwimmen, hat häufig Gäste, ist kaum je ohne Lismete oder Häkelarbeit anzutreffen und jasst leidenschaftlich. Letzteres ist den Grenchnern im Donnschtig-Jass 2019 zugutegekommen.

«Ausserdem schlafe ich mehr. Fast 30 Jahre lang waren es nur drei oder vier Stunden pro Nacht. Ein Raubbau am Körper, der mein Gehör dauerhaft geschädigt hat», sagt die ehemalige Landwirtin. Den Rest der Nacht habe sie mit Vorkochen für den Tag verbracht, sodass die Familie zu essen hatte, wenn sie mit den Hunden arbeitete oder in der Erntezeit das Tageslicht auf dem Feld ausnutzen wollte.

Als Bauerntochter in Staad (Grenchen) aufgewachsen, hatte sie nach der Ausbildung zur Damenschneiderin mit ihrem Ex-Mann einen Bauernhof im Haag in Selzach. «Als ich 15-jährig den ersten Hund ausbildete, einen Colliemischling, war ich auf dem Trainingsgelände die einzige Frau, die zusammen mit den Polizisten arbeiten durfte. Sobald die Herren sahen, welche Ergebnisse ich mit dem Tier erziele, basierte die Beziehung auf gegenseitigem Respekt», erinnert sich Dietschi.

Vier Prüfungsordnungen habe sie erlebt, «und es ist gut, dass ein Umdenken stattgefunden hat. Früher wurden die Hunde in der Ausbildung gelegentlich unfair, um nicht zu sagen brutal behandelt». Dietschi sagt:

«Man kann einen Hund wirksamer erziehen, wenn man ihn nicht haut.»

Ihre Tätigkeit als professionelle Hundeführerin bei der Securitas Solothurn habe ihr recht gegeben. «Ich musste im Dienst nie mit der Stimme ein Kommando geben.»

Freundliche und vor allem kinderfreundliche Hunde waren ihr ein Anliegen. «Auf dem Hof hatten wir mit dem Sonntagsbrunch haufenweise Gäste und die wollten die Hunde streicheln. Diese Begegnungen sollten Menschen und Hunde gleichermassen geniessen können und das galt auch für Menschen mit Beeinträchtigungen.»

Dass die Tiere im Dienst, ohne zu zögern, zubissen, wenn es die Situation erforderte, habe immer wieder für Überraschung gesorgt. «Ein Wirt an der Expo.02 hat mir einmal gesagt, ‹ich habe gedacht, du gehst mit einer Schlaftablette auf Streife› – bis zum Moment, als ein Randalierer ihn und mich mit einer zerdepperten Bierflasche bedrohte.» Die vermeintliche Schlaftablette habe den Grobian ausser Gefecht gesetzt und in Schach gehalten, bis die Polizei kam und ihn abführte.

Wenn es die Situation erfordert, beissen Diensthunde blitzschnell zu (Symbolbild).

Die Kulissen von Dreharbeiten bewacht

An die Dienstzeit als Hundeführerin hat Dietschi viele Erinnerungen. Spannend sei es gewesen, die Kulissen der Dreharbeiten zur Soap Lüthi und Blanc zu bewachen. Ebenso am Uhrencup die teils unruhigen Fangruppen. Auch an die Expo.02 denkt Dietschi gern zurück. Da habe sie die Nachtschicht meistens mit zwei Hunden gemacht: Berner Sennin Mira und Schäferhündin Diva. «Mira, die selbstständig gearbeitet hat, habe ich zur Bewachung des Tores im Auto mit offener Heckklappe postiert. Diva ging mit mir Streife.»

Eines Nachts gab es Gebell vom Eingang her. Dietschi beschreibt die Situation lachend:

«Da hatte Mira einen Mann gestellt, den sie für einen Eindringling hielt. In der Ecke stand eingeschüchtert der Sohn von Clown Dimitri. Er wurde nach dem Abendprogramm daran gehindert, die Arteplage zu verlassen.»

Nach diesem Zwischenfall hätten die Schausteller sie jeweils angerufen, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Gelände wollten.

Ein Horror, sicherheitstechnisch gesprochen, sei die Heso 1999 gewesen. Vandalenakte und Schlägereien ohne Ende. «In einer Nacht mussten wir gleich dreimal die Polizei rufen und dann noch den Tierarzt. Dieser musste vor Ort den Hund meines Dienstkollegen nähen, nachdem er in Glasscherben getreten war.»

Angesichts solcher Erinnerungen ist Monika Dietschi froh, dass sie pensioniert ist. Die Hunde fehlen ihr weniger, als man annehmen könnte: «Ohne Hunde gibt es Freiraum für Neues. Heute kann ich spontan Ausflüge machen und muss meine Zeit nicht nach den Bedürfnissen der Tiere einteilen.»