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Ein Jahr nach dem grossen Umbruch in der Solothurner Jugendpsychiatrie: Das sagen die Kritikerinnen heute

Der Aufschrei war gewaltig. Als die Solothurner Spitäler AG (soH) bekannt gab, das stationäre Angebot auszulagern, hagelte es Kritik. Ganze 64 Kantonsrätinnen und Kantonsräte unterschrieben eine Interpellation von Barbara Wyss Flück (Grüne). Sie verlangten Antworten von der Regierung.

Nicht nur der Entscheid grundsätzlich – das stationäre Angebot auszulagern – wurde von verschiedener Seite kritisiert. Vor allem auch die Art und Weise, wie das Ganze kommuniziert wurde. Sogar die Mitglieder der Sozial- und Gesundheitskommission erfuhren erst aus den Medien davon. Ein weiterer Kritikpunkt: Dass der Kanton nichts mitzureden hatte, obwohl er das Angebot mitfinanziert. Man werde der Kinder- und Jugendpsychiatrie künftig genau auf die Finger schauen, kündigten mehrere Politikerinnen und Politiker an.

Susan von Sury

Nun, über ein Jahr später, sind die Wogen weitestgehend geglättet. «Ich habe das Gefühl, das kommt gut», sagt etwa Susan von Sury (CVP), während der vergangenen Legislatur Präsidentin der Sozial- und Gesundheitskommission.

Ängste, dass sich die Behandlungsqualität verschlechtern könnte, hätten sich nicht bewahrheitet. Und dass das ambulante Angebot nun ausgebaut wird, nimmt sie positiv auf. Es gelte jetzt vor allem, dem neuen Team genügend Zeit zu geben, sie in Ruhe arbeiten zu lassen.

Praktisch identisch äussert sich Luzia Stocker (SP), aktuelle Präsidentin der Sozial- und Gesundheitskommission: «Ich war sehr skeptisch. Aber ich bin froh, dass sich meine Befürchtungen nicht zu bewahrheiten scheinen.» Auch sie hat bisher noch nichts Negatives gehört.

Luzia Stocker

Alles gut also? Das dann doch noch nicht ganz. Ein Punkt bereitet von Sury etwas Kopfzerbrechen: Dass die Tagesklinik ausgebucht ist und es Wartezeiten gibt. Rund sechs Wochen sind es im Moment. Eine weitere Tagesklinik zu eröffnen, wahrscheinlich im Raum Olten, steht zwar im Raum. Doch zuerst will man längerfristig abklären, ob der Bedarf tatsächlich vorhanden ist, ist von der soH zu vernehmen. Sowieso wäre das frühestens in der neuen Budgetperiode möglich, also 2023.

Und auch Stocker sieht noch eine Problematik: Den Personalmangel. Geeignetes Personal zu finden, um die ambulanten Angebote weiter auszubauen, sei nicht einfach. «Doch das ist in der ganzen Gesundheitsversorgung so.» Aktuellen Handlungsbedarf sieht sie aber keinen. Mitte 2022 will sie nachhaken, wie sich das Ganze entwickelt hat.

Geschäftsbericht 2021 wird nun abgewartet

Barbara Wyss Flück

Auch Barbara Wyss Flück, die die Interpellation damals angestossen hatte, schlägt nun versöhnliche Töne an. Insbesondere die Kommunikation habe sich verbessert. Das liegt nicht zuletzt an der soH selbst: Nach dem Kritiksturm habe CEO Martin Häusermann in der Sozial- und Gesundheitskommission vorgesprochen und «offen und gut informiert», so Wyss Flück. Und später traf sie sich noch persönlich mit Anne-Catherine von Orelli, Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, und wurde über das weitere Vorgehen informiert.

Wie die neue Strategie dann aber in der Praxis funktioniere, das müsse sich erst noch zeigen. Diese Haltung wird auch von Gesundheitspolitikerinnen anderer Parteien geteilt. Negatives habe man bisher nicht gehört, man warte jetzt einmal den Geschäftsbericht für das Jahr 2021 ab. Und dann werde man weiter schauen.