
KUNG FUcking good!
Das wär mein «Plan B» für die SRG, egal, ob es ein Ja oder ein Nein gibt bei der NoBillag-Abstimmung: Stinkbillige Serien aus den 70igern einkaufen. Besonders eine davon ist nämlich schlauer als «Literaturclub», «Sternstunde Philosophie» und «Kulturplatz» zusammen: Kung Fu.
Zum Glück war meine Frau bereits als Kind eine glühende Verehrerin von Kwai Chang Caine, wie der von David Carradine gespielte Held der Serie heisst, den sie bis heute konsequent einfach «Kung Fu» nennt. Das Bild dieses Typen, halblanges Haar, barfüssig und leicht asiatisch aussehend, der mit seinem zusammengerollten Bündel über der Schulter gen Sonnenuntergang schreitet, kannte ich natürlich auch bereits als Kind. Die Folgen der Serie allerdings, die zwischen 1972 und 1975 gedreht wurden, hatte ich nie gesehen. Also war ich sofort willig, genau dies nachzuholen, als meine Frau nach den Weihnachten begeistert verkündete, die «echten» (es gab in den Neunzigern bekanntlich noch eine Fortsetzung, ebenfalls mit Carradine in der Hauptrolle) «KungFu»-Staffeln würden auf einem obskuren Sender ausgestrahlt.
Ich will Sie nun nicht mit Inhaltsangaben langweilen, darum nur so viel: Die Geschichte spielt in den USA in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Caine ist ein buddhistischer Mönch, der aus China verstossen wurde und nun in den USA seinen Halbbruder sucht.
Wohin er auch kommt, «der Chinese» ist immer der Arsch, er wird stets für alles und jedes beschuldigt und begegnet fast ausschliesslich rassistischen, feindseligen Amerikanern (insofern könnte die Serie auch in der heutigen Zeit spielen). Nein, «Kung Fu» ist kein Mann vieler Worte, aber wenn er etwas von sich gibt, dann ist es weise. Zum Beispiel sagt Caine: «Der Körper ist der Pfeil, der Geist der Bogen. Du musst lernen, die Stärke des Geistes zu nutzen.» Also ziemlich das Gegenteil eines «modernen Menschen», der zu allem eine Meinung, aber von nichts eine Ahnung hat. Wenn’s nicht anders geht – und NUR dann! – merkt der Zuschauer, woher die Serie ihren Namen hat: dann zerlegt Caine elegant und ohne grossen Aufwand ein paar Cowboys, wobei er nicht mehr austeilt, als nötig ist, um seine Gegner ausser Gefecht zu setzen. Eben genau so, wie es ihn sein Meister Khan gelehrt hatte: «Meide, statt zu kontrollieren. Kontrolliere, statt zu verletzen. Verletze, statt zu verstümmeln. Verstümmle, statt zu töten. Denn alles Leben ist wertvoll, keines kann ersetzt werden.»
Ist das nicht grossartig? Und pädagogisch wertvoll? Und immer noch genau gleich gültig wie vor 45 oder vor 450 Jahren?
Ich frage Sie also: Wäre das nicht wahrer Service Public? Bevor Sie jetzt entrüstet aufheulen und mich für verrückt halten, denken Sie doch eine Minute über dieses Caine-Zitat nach: «Ich suche nicht nach Antworten, ich versuche, die Fragen zu verstehen.»