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Absage von Weihnachtsessen: Wirte müssen den Gürtel erneut enger schnallen

«Seit einer Woche haben wir eine Absage nach der andern», sagt Kuno Walker vom Hotel Restaurant Urs und Viktor in Bettlach. Nach dem Prinzip Hoffnung sei die eine Hälfte der Weihnachtsessen schon Ende Sommer gebucht worden. Die andere Hälfte sei, sehr kurzfristig, im Lauf des Novembers gebucht worden. Der Löwenanteil der Jahresschlussessen der Firmen sollte, beginnend am 26. November, jeweils am Freitag stattfinden, erklärt der Restaurantchef, einige wenige Anlässe am Donnerstag.

So schwierig die Lage für den Gastroverantwortlichen im grossen Familienbetrieb ist, mit der ständig rollenden Planung: Walker hat Verständnis dafür. Er sagt: «Im Rahmen dieser Essen ist das Publikum sehr gemischt – von der Managerin bis zum Arbeiter. Da können Firmenverantwortliche es sich nicht leisten, dass der ganze Betrieb plötzlich durch eine Quarantäne lahmgelegt wird.»

Im Hotel Taverne zum Kreuz in Olten erlebt Besitzer Roger Lang die Situation im Restaurant quasi wie eine Achterbahn:

«Kein Tag ist mehr wie der andere. An einem Mittag ist das Haus proppenvoll, am nächsten leer.»

Abends hätten breite Bevölkerungsschichten sich den kulinarischen Ausgang praktisch abgewöhnt.

Fünfzigergruppen gebe es bei den Schlussessen heuer kaum. Vermehrt würden sich die Leute dafür innerhalb der Abteilung organisieren. «Bei den Gruppen bis 20 Personen besteht noch eine gewisse Nachfrage», sagt der «Kreuz»-Inhaber. Eine Firma habe das Essen vor Ort kurzfristig durch Pizza über die Gasse ersetzt und im Bistro des Büros einen Pizzaplausch veranstaltet.

Langs Rezept für eine nachhaltige Verbesserung der Pandemielage: «Ungeimpft sollten die Leute nicht mehr über die Grenze dürfen. Vor den Ferien war die Lage bisher immer erträglich, zwei Wochen nach Ferienende explodieren die Fallzahlen.»

Firmen möchten die Angestellten ganz besonders belohnen

Im Gasthof Enge in Biberist gab es bis Mitte dieser Woche bis auf eine Ausnahme keine Absagen bei den Weihnachtsessen. Gebucht hätten ungefähr 60 bis 70 Prozent der Firmen verglichen mit dem Volumen 2019, sagt Sonja Kurt. Sie ist mitverantwortlich an der Rezeption. «Wir haben treue Firmenkunden, die den Jahresabschluss jedes Jahr bei uns feiern», sagt sie. Zudem würden öfters Gutscheine gekauft für die Mitarbeitenden, was den Ausfall der Weihnachtsanlässe teilweise kompensiert.

Viele Firmen möchten ihren Angestellten gern etwas Besonderes bieten vor Weihnachten – wenn sie das denn dürfen.

Ähnlich sieht es beim Konferenzzentrum Arte in Olten aus. «Wenn die rechtliche Lage es erlaubt, wollen die allermeisten unserer Kunden das Jahresschlussessen durchführen», sagt Hoteldirektor Thomas Steidle.

In gewissen Fällen sei sogar die Bereitschaft spürbar, fürs Weihnachtsessen mehr Geld in die Hand zu nehmen als vor der Pandemie. Steidle formuliert das so: «Dieses Jahr wollen die Firmenverantwortlichen den Mitarbeitenden eine schöne Erfahrung bieten, nachdem solche geselligen Anlässe letztes Jahr überhaupt nicht stattfinden konnten.»

Die Wirte sollen einmal mehr Polizei spielen

Die unterschiedlichen Erfahrungen der Beizer zum Geschäftsgang vor Weihnachten sind keine Überraschung für den Präsidenten von Gastro Solothurn, Peter Oesch. Das passe ins Bild der Erfahrungen seit dem Sommer, findet er. Da hätten die Betriebe in den Städten darben müssen, während einzelne Gaststätten auf dem Land und besonders in Höhenlagen Umsätze wie in der guten alten Vorpandemiezeit gemacht hätten.

Peter Oesch, Präsident von Gastro Solothurn.

«Insgesamt ist die Rückmeldung der Mitglieder an den Verband eher düster», fasst Oesch die Lage im Kanton zusammen. «Es ist absehbar, dass die Wirte wieder Polizei spielen sollen mit der Maskenpflicht und womöglich einer Verschärfung der Zertifikatspflicht von 3G auf 2G+Maske, und da, denke ich, machen die Wirte nicht mehr kommentarlos mit.»

Was sagen Firmen zur Situation? Bei Alpiq in Olten findet zum Beispiel keine Weihnachtsfeier statt. Dabei wäre diese nach Aussage von Firmensprecher Guido Lichtensteiger geplant gewesen.

Wenn die Chefetage die Belegschaft verwöhnt

Eine ganz eigene Lösung, mit der Situation umzugehen, hat die Vebo Genossenschaft in Grenchen gefunden. Erstmals findet das Fest im hauseigenen Restaurant statt, in zwei Durchgängen, weil im Bistro nur 90 Personen Platz finden, die Belegschaft aber über 200 Personen umfasst. Tatijana Geiser, Leiterin Gastro, erklärt: «Wir sind in der glücklichen Lage, dass fast 90 Prozent unserer Belegschaft geimpft sind. Sie kommen heuer einmal in den Genuss, mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt zu werden, welche ihnen von den Vorgesetzten serviert werden.»

Da man Feste bekanntlich feiern soll, wenn sich die Gelegenheit ergibt, verbindet die Vebo die Feier am 11. Dezember mit einem kleinen Weihnachtsmarkt auf ihrem Gelände, mit Kunsthandwerkständen und einem Lebkuchenschmücken für Kinder. Zudem werde bei dieser Gelegenheit eine eigene Boutique eingeweiht. Für Stimmung sollen die lokale Musikschule und eine Kindergugge sorgen.