Sie sind hier: Home > Schweiz + Welt > Homeoffice, mehr Tests und Zertifikatspflicht für private Treffen: Diese Massnahmen schlägt der Bundesrat vor

Homeoffice, mehr Tests und Zertifikatspflicht für private Treffen: Diese Massnahmen schlägt der Bundesrat vor

Wie in anderen Ländern steigt die Zahl der Coronainfektionen auch in der Schweiz seit Wochen stark an. Die Impfquote hierzulande ist dabei eine der niedrigsten Westeuropas. Aufgrund der fünften Coronawelle haben verschiedene Kantone in den letzten Tagen die Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus verschärft. Nun will der Bundesrat nachziehen.

«Damit nicht wertvolle Zeit verloren geht, ist für den Bundesrat klar, dass er rasch handeln muss», sagte Guy Parmelin am Dienstag vor den Medien in Bern. Die Impfung bleibe zwar «das einzige Mittel, um wirklich aus der Coronapandemie herauszufinden», sagte der Bundespräsident. Kurzfristig solle eine Ausweitung der Zertifikats- und Maskenpflicht, eine verkürzte Gültigkeitsdauer für Test-Zertifikate sowie die Wiedereinführung einer Pflicht oder Empfehlung für Homeoffice angesichts der fünften Welle und der neuen Coronavariante Omikron etwas Luft verschaffen.

An einer ausserordentlichen Sitzung hat die Landesregierung gleichentags darum beschlossen, den Kantonen vorzuschlagen, die Zertifikatspflicht auf alle öffentlich zugänglichen Veranstaltungen in Innenräumen sowie auf sportliche und kulturelle Innen-Aktivitäten von Laien auszuweiten. Bisher gilt eine Ausnahme für beständige Gruppen bis 30 Personen. Zudem schlägt der Bundesrat vor, bei privaten Treffen im Innenbereich ab elf Personen eine Zertifikatspflicht einzuführen. Im Freien soll das Zertifikat bei Anlässen bereits ab 300 statt aktuell 1000 Teilnehmenden Pflicht sein.

Repetitive Tests an allen Schulen

Ausserdem soll in allen Innenbereichen von öffentlich zugänglichen Betrieben und Einrichtungen mit Zertifikatspflicht neu eine Maske getragen werden. Das gilt auch für zertifikatspflichtige Veranstaltungen, die im Innern stattfinden. Ist eine Maskenpflicht aus praktischen Gründen nicht umsetzbar, schlägt der Bundesrat vor, dass entweder Kontaktdaten erhoben werden müssen (wie dies derzeit in Diskotheken der Fall ist). Oder in der Gastronomie – darunter fallen für den Bundesrat auch Discos, Clubs oder Apéros – soll für die maskenlose Konsumation wieder eine Sitzpflicht eingeführt werden.

Im Bildungsbereich schlägt der Bundesrat überdies vor, dass repetitive Tests in der obligatorischen Schule sowie auf der Sekundarstufe II neu Pflicht werden. Im Sommer hatten mehrere Kantone diese entgegen den Empfehlungen des Bundes abgeschafft und setzen seither auf sogenannte Ausbruchstests.


Massnahmen-Auswahl für den Arbeitsplatz

Zu möglichen Verschärfungen der Coronaschutzmassnahmen am Arbeitsplatz konnte sich der Bundesrat dagegen offensichtlich nicht einigen. Jedenfalls stellt die Landesregierung laut einer Mitteilung der Bundeskanzlei vom Dienstag drei Verschärfungsvariante zur Diskussion:

Maskenpflicht für alle Mitarbeitende in Innenräumen – sofern sich darin mehrere Personen gleichzeitig aufhalten.

Homeoffice-Pflicht für Ungeimpfte. Ist Arbeiten für Ungeimpfte oder nicht Genesene von zu Hause aus unmöglich, gilt eine Maskenpflicht.

Generelle Homeoffice-Pflicht – oder Maskenpflicht, falls Arbeiten von zu Hause nicht möglich ist. Bei dieser Variante müssten Betriebe zudem repetitive Testungen anbieten.

Einig ist sich der Bundesrat dagegen, dass die Gültigkeit der Zertifikate, die auf Tests basieren, reduziert werden soll. Konkret sollen PCR-Tests nur noch 48 statt 72 Stunden gültig sein, Antigen-Schnelltests nur noch 24 statt 48 Stunden. Diese Verkürzung erhöhe die Sicherheit der Testresultate, schreibt die Bundeskanzlei in einer Mitteilung vom Dienstag. Nach der Impfwoche von Anfang Monat stellt sich der Bundesrat überdies auf den Standpunkt, dass sich alle Interessierten impfen lassen konnten. Darum könne er nun auch keine Kapazitätsbeschränkungen mehr anordnen.

«Ziel ist ein Winter ohne Schliessungen», sagte Alain Berset. Und der Gesundheitsminister betonte, die vorgeschlagenen Massnahmen lägen deutlich unter jenen vom vergangenen Frühling. Damals hatte der Bundesrat einen schweizweiten Teillockdown verhängt. Zu Beginn der Pandemie gab es in der Schweiz bereits einen vollständigen Lockdown. Wie Berset ausführte, hat der Bundesrat «nicht jetzt» mit einer neuen, allenfalls hochansteckenderen und gefährlicheren Mutation gerechnet. Doch auch in dieser Situation sei es das Ziel der Regierung, die Menschen zu schützen, Leid zu verhindern und gleichzeitig das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben möglichst wenig einzuschränken.

Bundesrat will am Freitag Massnahmen beschliessen

Die Kantone, Sozialpartner sowie zuständigen Parlamentskommissionen haben nun bis am Mittwochabend Zeit, sich zu den vorgeschlagenen Massnahmen zu äussern. Danach will der Bundesrat laut Bundespräsident Parmelin voraussichtlich am Freitag an seiner nächsten ordentlichen Sitzung über deren Umsetzung entscheiden. Gelten sollen die neuen Einschränken dann bis am 24. Januar 2022.

Vergangene Woche ist in Südafrika eine neue Variante des Coronavirus entdeckt worden. Inzwischen ist Omikron bereits in etlichen Ländern weltweit aufgetaucht. Verdachtsmeldungen und bestätigte Omikron-Fälle gibt es in Europa etwa in Deutschland, Österreich, Italien, Belgien und Grossbritannien. In der Schweiz hat das BAG am Montag einen ersten Verdachtsfall publik gemacht, die Bestätigung steht aber noch aus. Das Bundesamt zeigte sich vor den Medien besorgt.

Verdachtsfall in Zürich – Rückendeckung für Bundesrat

Als Reaktion hat die Schweiz wieder eine Quarantäneliste eingeführt. Darauf stehen aktuell 23 Länder, namentlich im südlichen Afrika. Aber auch mehrere europäische Länder sowie Australien, Japan oder Kanada sind aufgelistet. Schweizerinnen und Schweizer, die aus Quarantäneliste-Staaten einreisen wollen, müssen einen Coronatest vorweisen und danach in jedem Fall zehn Tage in Quarantäne.

Bislang setzte der Bundesrat in der fünften Coronawelle vorab auf die 3G-Regel in Restaurants, Freizeiteinrichtungen und bei Anlässen. Am Sonntag erhielt er dazu auch Rückendeckung in der zweiten Referendums-Abstimmung innert Jahresfrist über das Covid-19-Gesetz. Die Mehrheit der Stimmberechtigten stellte sich damit etwa hinters Covid-Zertifikat.